CELLE. Stadtbaurätin Elena Kuhls hält in puncto Energiesparen im Badeland eine knappe Formel bereit: „Alles, was Spaß macht, wird abgeschaltet, wo gelernt und gelehrt wird, bleibt alles, wie es ist.“ Der Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge hat im Nachgang zum gestrigen Runden Tisch Energie mit Vertretern der Lokalpolitik zu einem Pressegespräch eingeladen. Er betont, dass ihm die Rücksicht auf Kinder im Zuge der beschlossenen Maßnahmen zum Energiesparen wichtig sei, auch vor dem Hintergrund der Belastungen für die Kleinsten der Gesellschaft während der Pandemie.
Seit zwei Monaten hat eine Arbeitsgruppe Energie unter Vorsitz des neuen Fachbereichsleiters Stadtplanung, Bauen und Umwelt Jan Thomas ein Paket (s. Anhang) erarbeitet, das gestern der Politik vorgestellt, diskutiert und mitgetragen wurde. Die Installation eines Härtefallfonds‘ wurde aus den Reihen der Kommunalpolitik angeregt und vom Oberbürgermeister aufgegriffen.
Dieser spart zum Auftakt des Pressegesprächs nicht mit Schuldzuweisungen, überhaupt in eine Lage, die Einschränkungen erforderlich macht, gekommen zu sein. Er betont, die Krise sei nun direkt im Stadtbild, und damit bei der Lebensqualität der Celler Bürger, angekommen. „Dies war nie das Ziel von Verwaltung und Politik, erscheint nun aber unumgänglich.“ Schuld sei die Vorgängerregierung, aber auch die ideologiebehaftete Haltung der jetzigen Regierung. Er beklagt bei der aktuellen Koalition eine fehlende Gesamtstrategie, man denke zu monothematisch. Im Rückblick auf die Große Koalition spricht er von jahrelangem Politikversagen.
Laut Nigge ist die Stadt jedoch gut vorbereitet, habe bereits seit Jahren an Einsparkonzepten, z.B. Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, gearbeitet und nehme beim Thema Energiesparen eine Vorreiterrolle ein.
Das konkrete Maßnahmenpaket gliedert sich in neue Regeln für öffentliche Gebäude, inclusive Grundschulen und das Neue Rathaus, öffentlicher Raum, Bauten der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft „allerland“ sowie die Bäder, die für den höchsten Gasverbrauch verantwortlich sind, Sportstätten und Museen. Hier trifft es das Kunstmuseum mit Sammlung Robert Simon am härtesten. Noch hat die Verwaltung mit dem Vorstand und dem Kuratorium nicht gesprochen, aber die Entscheidungen sind bereits gefallen: Die Lichtkunstexponate werden abgeschaltet, auch am Bahnhof. Das Museum bleibt jedoch geöffnet. Die geschätzte Einsparung durch die Deaktivierung beträgt 210.000 kWh Strom, was 7 bis 8 % des jährlichen Stromverbrauchs der städtischen Gebäude insgesamt entspricht. Das Bomann-Museum ist aufgrund der umfangreichen pädagogischen Arbeit nicht tangiert.
Die Außenbeleuchtung städtischer Gebäude wird mit Ausnahme der Wegebeleuchtung abgeschaltet ebenso wie die Lichtsignalanlagen, die der Stadt unterstehen (einige unterstehen dem Land) in der Nacht. Die Leuchtdauer der Straßenlaternen wird täglich um eine Stunde verringert.
Die Maßnahmen im Einzelnen:
Badeland (Fassade, Fenster, Dach, Technik energetisch saniert), ab 1.10.2022
- Teilschließung: lediglich Schwimmerbecken und Lehrschwimmbecken bleiben geöffnet, damit
Kinder weiterhin Schwimmen lernen können (Einsparung 3.500.000 kKWh Gas im Zeitraum Sept
bis März / 30 % des jährlichen Gasverbrauchs des Badelandes, dieses entspricht ca. 12 % des
gesamtstädtischen Gasverbrauchs)
- Im Sommer kein weiterer Hallenbetrieb, der Freibadbetrieb von Mai bis August läuft unbeheizt
(Einsparung 2.480.000 kWh Gas / 24 % des jährlichen Gasverbrauchs des Badelandes, dieses
entspricht ca. 10 % des gesamtstädtischen Gasverbrauchs)
- Saunabereich im Teilbetrieb
- Die Becken- und Raumlufttemperatur wird um 1,5 bis 2,0 Grad gesenkt
Freibad Westercelle
- Beheizter Freibadbetrieb wird beibehalten, der bisherige Einsatz von Solarthermie-Absorbern
wird in Verbindung mit Geothermie, Wärmepumpen und Photovoltaik weiter ausgebaut
Sportstätten
- Wärmewasserbereitung in Sporthallen/-stätten wird generell abgeschaltet
Öffentliche Gebäude
- Alle Durchlauferhitzer an Waschtischen (sofern noch vorhanden) werden abgeschaltet, Ausnahme
Kitas und manueller Bereich (Fette und Öle).
- Heizperiode in Verwaltungsgebäuden: 1.10. bis 31.3.
- Raumtemperatur wird auf den zulässigen Mindestwert in Büro- und Schulräumen, Kitas auf 20
Grad gesenkt, Lagerräume 17 Grad (sofern beheizt, Heizen nötig), Waschräume in Kitas 24 Grad,
Schlafräume 18 Grad, Pausenräume 21 Grad
- Auf Klimaanlagen und Raumluftreiniger wird verzichtet
- Die Verwendung von elektrischen Geräten aus dem Privatbesitz (z.B. Heizstrahler, Radios) am
Arbeitsplatz wird untersagt
- Die Service- und Betriebszeiten der Verwaltung werden vom 23.12.2022 bis zum 1.1.2023 auf das
Notwendigste reduziert
In Umsetzung befinden sich folgende Maßnahmen:
- Umstellung auf LED-Beleuchtung / Leuchtmitteltausch in städtischen Gebäuden
- Installation von Bewegungsmeldern
- Einschränkung des Arbeitszeitrahmens von 7:30 bis 18 Uhr im Winterhalbjahr, freitags von 7:30
bis 16 Uhr
- Austausch der Umwälzpumpen gegen effektivere (70 % bereits ausgetauscht)
- Weitere Dämm-Maßnahmen im Rahmen von Sanierungen (Heizkörpernischen, Kellerdecken etc.)
- Badeland: Umstellung auf solare Warmwasserbereitung plus Geothermie
- Freibad Westercelle: Einsatz von Geothermie und Solarthermie-Absorber in Verbindung mit
Wärmepumpen und Photovoltaik
- Photovoltaik-Konzept erstellen, Anlagen installieren (auf allerland und städtischen Gebäuden)
- Straßenbeleuchtung: Umrüstung der restlichen 10.000 Leuchten auf LED.
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