CELLE. Bundesweit bekamen 320.000, also 12,2 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften im Bürgergeld im Jahr 2023 nicht die tatsächlichen Ausgaben für Unterkunft und Heizung erstattet. Im Bereich des Jobcenter Celle ist das Problem statistisch nur halb so gravierend. Das ergab jetzt eine Anfrage des Kreistagsabgeordneten Reinhard Rohde (Die Linke): „Im Jahr 2021 hat es bei uns auch noch fast 13 Prozent der Bedarfsgemeinschaften betroffen. Aktuell aber sind es 386 an der Zahl oder 6,5 Prozent.“
Die Wohnkostenlücke kommt dadurch zustande, dass nicht die tatsächlichen, sondern die sogenannten angemessenen Kosten erstattet werden. In Celle wird diese Angemessenheit im Zweijahresabstand durch ein Gutachten ermittelt, in dem dann Obergrenzen gesetzt werden. Dazu Reinhard Rohde: „Die letzten Zahlen haben den Wohnungsmarkt offenbar realistischer abgebildet als vorher.“ Durch seine Anfrage sei aber ein neuer Aspekt zutage getreten. Denn es gibt signifikante Unterschiede zwischen den drei Gebiete im Landkreis, für die das Gutachten unterschiedliche Grenzwerte festgesetzt hat. Rohde: „Ich finde es erklärungsbedürftig, warum Bedarfsgemeinschaften mit Kindern im Nordkreis prozentual doppelt so häufig eine Wohnkostenlücke haben wie in der Stadt Celle.“
So muss im Nordkreis jede zehnte Bedarfsgemeinschaft mit Kindern eine Wohnkostenlücke bei der Regelleistung abzwacken. Monatlich handelt es sich hier dann um einen durchschnittlichen Differenzbetrag von fast 150 Euro. Rohde: „Das dürfte in vielen Fällen einen enormen Problemdruck erzeugen. Und wer den Wohnungsmarkt kennt, gerade für Bürgergeldempfängerinnen, weiß, dass ein Umzug in eine billigere Wohnung – und in der Regel weg aus dem sozialen Umfeld der Kinder – eine kaum zu bewältigende Aufgabe ist.“
Die Fraktion „Klimabündnis im Kreistag“, der Rohde angehört, sieht in der Antwort der Kreisverwaltung gleichzeitig einen guten Input für das neue Gutachten, das im Herbst ansteht. Der Fraktionsvorsitzende Christian Ehlers (Bündnis ‘90/Die Grünen) meint: „Wir sollten versuchen, die Wohnkostenlücken da zu schließen, wo die Angemessenheitskriterien die Realität nicht abbilden. Und es wäre gut, wenn vor Umzugsaufforderungen und Kürzungen soziale Aspekte, insbesondere hinsichtlich der Kinder mehr Eingang in die Beurteilung finden.“
Im Ranking niedersächsischer Jobcenter hinsichtlich des Anteils betroffener Bedarfsgemeinschaften liegt Celle mit 5 Prozent auf Platz 8 von 45. Vor Celle leigen nur Göttingen (2,3 %), Goslar (3,6 %), Ammerland (3,7 %), Hildesheim (4,0 %), Helmstedt (4,2 %) Delmenhorst (4,3 %) und Peine (4,7 %). Mehr als jede zehnte Bedarfsgemeinschaft ist in 15 niedersächsischen Jobcentern betroffen; in Oldenburg und Leer sogar jede Sechste.
Text: Klimabündnis im Kreistag, Reinhard Rohde
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