Zeitgenössische Kunst aus Tansania: Ausstellung mit starkem Begleitprogramm
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- 30. Mai
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CELLE. Ausstellung mit umfangreichem Begleitprogramm
6.6. – 6.7.2025 im KulturTrif(f)t, Trift 32, Celle, info@kulturtrifft.de, Tel. 0160 1547964
Geöffnet Mo + Do 10-14 Uhr, Sa + So 11-15 Uhr und nach Vereinbarung.
Einzelne Werke werden in der Ausstellungszeit auch im Infopoint des KulturTrif(f)t am Großen Plan 12 ausgestellt. Die Ausstellung mit mehr als 50 Werken führender zeitgenössischer Malerinnen und Maler aus der ehemaligen deutschen Kolonie versucht, die gängige Perzeption tansanischer Kunst als "naiv" aufzubrechen. Gezeigt werden Werke von gut zwei Dutzend Künstlerinnen und Künstlern – der Elite moderner Malerei in Tansania –, die sich von der Konformität des in Tansania weitverbreiteten Tingatinga-Stils befreit haben bzw. nie damit zu tun hatten. In Celle zu sehen sind mit Happy Robert, Haji Chilonga und Lute Mwakisopile u.a. die drei tansanischen Teilnehmenden an der letztjährigen Biennale in Venedig, auf der Tansania erstmals mit einem eigenen Pavillon vertreten war. Auch „Tansanias Picasso“, Raza Mohamed, und der „Rembrandt“ des ostafrikanischen Landes, Muzu Suleimanji, sind mit Leihgaben vertreten.
Edward Tingatinga (1932-1972) war ein naiver Maler, der in den 1970er Jahren von nordischen Kunstliebhabern weltbekannt gemacht wurde und eine kommerziell durchaus erfolgreiche Schule naiver Kunst begründete, der heute überall im Land junge Leute ihr Talent opfern. Der Kurator, der Celler Politologe und Landeskenner Fritz Gleiß, schreibt: „Die Bewunderung für die plakativen Tingatinga-Werke: Es ist stets auch eine Verherrlichung der Naivität. Betont einfach, fantasievoll, unbekümmert. Um nicht zu sagen: primitiv. Eine Verkindlichung, die nahtlos übergeht in rassistische Denkmuster, basierend auf Herabwürdigung, Entmündigung und Entmenschlichung der Einheimischen unterm Kolonialismus.“
Die Ausstellung sieht sich als Teil der Dekolonisierungs-Bewegung, die seit des Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2023 in Tansania Fahrt aufnimmt, z.B. mit der großen Ausstellung „Geschichte(n) Tansanias“ im Berliner Humboldt-Forum, der „Kolonialismus in den Dingen“-Show im Münchener Museum 5 Kontinente oder auch der Aufarbeitung kolonialer Raubkultur in der „Amani Kukita“-Ausstellung in Stades Museen. „Weltkunst aus Tansania – mehr als Tingatinga!“ informiert in Bildern, Referaten und Diskussionen über Geschichte, Mythen, Spiritualität, Alltag und die Kunstszene des Landes, das bis heute ein Schwerpunktland der deutschen Entwicklungshilfe ist.
Gleiß konstatiert: „Unser Wissen von den Kulturen der rund 120 tansanischen Völker, die die deutschen Kolonialisten vor kaum mehr als hundert Jahren unterwarfen, ist derart gering, dass es deutschen Museen bis heute noch nicht einmal gelingt, Zigtausende der damals geraubten Kulturgüter, Schädel und Gebeine kulturell zu-, geschweige denn einzuordnen.“
Wer sich nicht nur für die Kunst, sondern auch die Geschichte interessiert, für die und den zeigen die Kammerlichtspiele auf Initiative der Ausstellungsorganisatoren am Donnerstag, den 19.6., um 17.30 h das preisgekrönte tansanisch-deutsche Drama von 2024, „Das leere Grab“.
Die Ausstellung in Celle wird am 6.6. um 18 h mit einer Vernissage eröffnet, auf der es einen ausführlichen, bebilderten Einführungsvortrag gibt. Der Vernissage folgt am 29.6. ein Matinee, eine sog. „feministische Midissage“, auf der die tansanisch-deutsche Kunstkennerin Diana Kajuna die Show, in der nur wenige Künstlerinnen vertreten sind, aus weiblicher Sicht einordnen wird und den Blick auf die besonderen Herausforderungen für Frauen im tansanischen Kulturbetrieb und Alltag wirft.
Am Samstag, dem 5.7., lädt der tansanische Künstler Nimrod Hanai zu einem tansanisch-deutschen Kunst-Workshop für Jugendliche und Erwachsene, „Tansanias Malerei: Mehr als Tingatinga!“. Nach einem kommentierten Ausstellungsrundgang und Erläuterungen zu den Besonderheiten des Tingatinga-Stils wird unter Anleitung des Künstlers mit Acrylfarben versucht, erste Entwürfe von Werken zu schaffen, die sich davon entfernen.
Die Finissage schließlich beschließt den Veranstaltungsreigen am Sonntag, dem 6.7., um 11 Uhr. Dabei wird es auch landeskundliche und touristische Informationen zum Land der Serengeti, des Kilimanjaros und Sansibars geben.
Die Ausstellung im "KulturTrif(f)t" ist bereits die dritte Ausgabe einer Wanderausstellung des Webprojekts tanzaniart.de, das tansanische Kunst und Künstler fördert. „Weltkunst aus Tansania – mehr als Tingatinga!“ tourt bis 2027 durch Deutschland, nächste Station im Herbst ist München.
Das Ausstellungsbegleitprogramm in Celle wird erstmals von der Engagement Global gGmbH mit Mitteln des BMZ gefördert.
Text: Fritz Gleiß