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Sanierung Breite Straße – "Ein Entwurf von vorgestern"


Ortsbürgermeister Jörg Rodenwaldt in der Breiten Straße
Foto: Peter Müller

CELLE. Schön, wichtig, denkmalgeschützt – diese drei von Stadtbaurat Ulrich Kinder verwendeten Attribute beschreiben die Breite Straße ebenso wie zugeparkte, leidende Bäume, verkehrsreich und marode. „Hier besteht Handlungsbedarf!“, betont Kinder im jüngsten Bauausschuss und leitet damit über zum Referat von Thomas Pfeiffer. Der Bauingenieur gehört zur Firma BPR Künne & Partner aus Hannover, die mit einem ersten Entwurf für die komplette Grunderneuerung der Straße, die zum Sanierungsgebiet Neuenhäusen gehört, beauftragt wurde.

Prägend für das Kleinod am Rande der Altstadt sind neben den historischen Fachwerkhäusern die jahrzehntealten 66 Linden, die einen Alleecharakter verleihen. Pfeiffer verweist auf die Belastung, die das Parken auf dem Wurzelwerk hervorruft. Die Bäume litten durch die Schadverdichtung, aber auch weil sie auf Schmutzwasser- und Trinkwasserleitungen stünden. „Elf sind bereits abgängig“, sagt der Ingenieur, für den übrigen Bestand würden die Renovierungsarbeiten erheblichen zusätzlichen Stress bedeuten. Ziel sei eine zukunftsfähige Stadt, Barrierefreiheit, Verkehrssicherheit und der Erhalt der Alleewirkung. Auf ausdrücklichen Wunsch des Oberbürgermeisters Dr. Jörg Nigge sind zwei Planungsvarianten erstellt worden: Die eine sieht vor, alle Linden zu fällen und neue Bäume zu pflanzen, die andere arbeitet mit dem Bestand. Pfeiffer führt als Vorzug des Abholzens an, ein einheitliches Bild zu erzeugen sowie auf Trockenheit und Extremwetterverhältnisse vorzubereiten, Klimaresistenz zu implementieren.


Ein Mittel hierfür ist die Schwammstadt, ein Konzept der Stadtplanung, anfallendes Regenwasser in Städten lokal aufzunehmen und zu speichern, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten. Dem Baum wird unterhalb der befestigten Oberfläche in miteinander verbundenen Schotterkörpern mehr Raum gegeben. Splitt vermischt mit Kompost und anderen Substanzen bietet den Wurzeln genügend lockeren Untergrund, um sich darin auszubreiten. Gleichzeitig kann das Substrat in den kleinen Hohlräumen Wasser für die Versorgung des Baumes speichern. Es wird langsamer an die Umgebung abgegeben. Der Aussage Pfeiffers, das System sei Neupflanzungen vorbehalten, widerspricht Stadtbaurat Kinder und fügt hinzu: „Ich habe viel Sympathie für die Schwammstadt. Das Prinzip gibt es schon lange.“ Es werde auch in Celle bereits angewendet.


Die übrigen Komponenten des Entwurfes einer „Straße der Zukunft“ sehen die Verkleinerung der Fahrbahnbreite von 6 auf 5,5 Meter, ausschließliches Längsparken, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, eine Aufwertung der Seitenräume auch für Außengastronomie sowie barrierefreie Querungen vor. Die Zahl der Parkplätze beläuft sich in der Kahlschlags-Variante auf 99.


Nur einer der Kritikpunkte von Stephan Ohl (Grüne): „Parken und Straße? Ist das die Zukunft“, „diese Planung ist nicht mehr zeitgemäß, Klima ist nicht vintage-fähig.“ Der Ortsrat Neuenhäusen ist bislang über die Planung der Breiten Straße nicht informiert worden. „Uns wurden sogar auf Nachfrage die Pläne nicht zur Verfügung gestellt“, berichtet der Ortsbürgermeister von Neuenhäusen Dr. Jörg Rodenwaldt (Zukunft Celle). Im März möchte er das Thema auf die Tagesordnung des Ortsrates nehmen, der Start für die Rundumerneuerung ist für das kommende Jahr geplant. Seine persönliche Entscheidung steht indes bereits fest: „Ich bin für den Erhalt der Bäume und hoffe, dass die Straße eine ‚Linden-Allee‘ bleibt“, sagt Rodenwaldt und stimmt hierin mit Stadtbaurat Ulrich Kinder überein.

Dieser ergreift als Erster das Wort nach der Präsentation im Bauausschuss: „Ich finde, so eine Allee gehört erhalten. Es gibt überhaupt keinen Grund, über eine Fällung von 50 Bäumen nachzudenken.“ Er kritisiert, dass überhaupt eine Variante ohne Baumerhalt erarbeitet wurde. „Das ist ein Modell aus den 1970er Jahren. Das macht man schon lange nicht mehr so. Die Herausforderung ist, mit dem umzugehen, was man vorfindet. Dieser muss sich jeder Ingenieur stellen.“ Die Präsentation insgesamt habe deutliche Schwächen aufgewiesen, so seien die Vorteile der Variante mit Baumerhalt nicht ausreichend dargestellt worden, auch die Visualisierung sei unzureichend gewesen.


„Ich ziehe meinen Hut“, kommentiert Stephan Ohl die Aussagen des scheidenden Stadtbaurates und erhält Rückendeckung von seiner Parteikollegin Karin Abenhausen: „Wir sehen doch, wie in Neubaugebieten die neu gepflanzten Bäume sterben. So einfach ist das nicht, es muss kompliziert nachgearbeitet werden. Jeder Baum, der aus sich heraus funktioniert, muss erhalten bleiben.“ Und auch der frühere Vorsitzende des Gremiums Jürgen Rentsch (SPD) positioniert sich eindeutig: „Mit der SPD gibt es keine Abholzung.“






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