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Kolumne Celle – ein Gedicht, Folge 14: »Allernixe«

Skyline von Celle

Von Adson Ulkner Schertz


Erwin wieder! Erwin, der heidegeistreiche Spinner, die ratzeverputzte Fabuliermaschine, der Phantast im Quadrat, neuester Spitzname: »Nonne Phantacorn« (weil nämlich letzthin seine letzten Bestellungen an diversen Celler Kneipentresen immerzu so lauteten: »No' 'ne Fanta Korn, bidde!«). – Ich stand mit ihm am Celler Hafen (na ja: Häfchen), und schweigend betrachteten wir, wie das einstige Fahrgastschiff mit dem Namen »Allernixe« im Dahinsiechen seine Rostblüten trieb. Angesichts dieses Vanitas-Symbols auf Allerwasser wateten wir knietief durch Memento-mori-Gedanken, aber bevor es allzu barock-morbide in uns wurde, kam Erwin – carpe diem! – ein Einfall und er sagte:

»Allernixen. Die gibt’s ja in echt, nä.«

»Erwin, bitte! Wenn du unbedingt dein Flussfahrergarn abhaspeln musst, dann wenigstens nicht in Kindersprache! Von wegen ›in echt‹!«

»Oh, pardon, Herr Feingeist! Ich meinte freilich ›wirklich‹, ›wahrlich‹ und ›de facto‹! 'tschuldigung! Jedenfalls, äh: Allernixen, die gibt's ja.«

»Klar.«

»Nee! Wirklich! – Hast du etwa noch nie eine gesehen?!«

»Ich hatte wohl die Lampen nicht so an, Erwin.«

»›Witzig‹, Ulki. Aber jetzt ma' Butter bei die Nixen: Die Viecher sind ja vor allem tagaktiv – weil sie nämlich gesehen werden wollen! Darum geht es doch!«

»Ja?«

»Ja.«

Und Erwin spulte ab. Das ganze lange Garn. Von wegen es handele sich um Wassergeister, bösartige, um verkommene Abkömmlinge vermutlich der Flusswassergöttin Lympha. Man dürfe sie nicht mit Meerjungfrauen verwechseln, denn im Gegensatz zu diesen hätten jene nicht den Schwanzteil eines Fisches als Unterkörper, sondern »fast normale Beine quasi«, die aber »sehr schön glitzern«. Es seien bezaubernd entzückende Unholdinnen und verflixt fatale Maneater und tödlich betörende Dämoninnen und – ich formte jedenfalls letztlich dieses Gedicht daraus:


Allernixen


Es weiß der echte Heimatkenner:

In Celles Aller leben Nixen,

die lieben nix so sehr, wie Männer

nach Strich und Faden auszutricksen.


Da winkt die schöne Weibsgestalt

vom Allerufer lustig her:

Das wirkt bei Jung, das wirkt bei Alt,

becirct die Männer alle sehr.


Ganz nackt, bloß Bachforellenstrümpfe,

reibt Glitzerbein an Glitzerbein,

und räkel-schlüpfrig ruft die Nymphe:

»Du sollst mein liebster Nix-Mann sein!«


Halb zieht sie dich, halb sinkst du hin,

vollziehst den falschen Liebesbund

im Fluss, und du versinkst darin. –

Schon moderst du am Allergrund.


Nach Erwins ausuferndem Sermon standen wir wieder schweigend nebeneinander da und starrten in das Hafenbecken. Seine Begründung dafür, dass trotz solch einer Männermeuchelei durch angebliche Allernixen keinerlei Vermisstenanzeigen oder Zeitungsberichte je vorgelegen haben, hätte mich einerseits schon interessiert. Aber andererseits auch wieder nicht.


Celler Hafen


»Gibt's eigentlich überhaupt männliche Nixen?«, fragte ich stattdessen alsbald.

»Natürlich!«, schoss es aus Erwin sofort hervor. »Auch solch diabolische Kreaturen humider Heimtücke müssen sich auf relativ natürliche Weise vermehren!«

»Ach so.«

»Aber die männliche Variante sieht man kaum. Die bleiben meist unter Wasser und hüten das Haus. Denn: Auf menschliche Frauen wirkt diese ganze Reiz-Rekations-Schematik sekundärer Geschlechtsmerkmale längst nicht so stark, wie sie bei menschlichen Männern wirkt, für die es ja nahezu kein Entkommen gibt aus dem ganzen Reizgeblinke augenfälliger Weiblichkeit in Betörungsformation. Also schaffen die weiblichen Nixen jagend die Nahrung ran, während die männlichen putzen und kochen und Brutpflege betreiben.«

»Ja und wie nennt man die denn jetzt eigentlich, die männlichen Nixen?«, fragte ich, weil ich mir wegen der Bezeichnung ›Nix‹ plötzlich nicht mehr ganz sicher war.

»Pfff. Also ich, äh, plitsch-platsch, plädiere für ›Nixer‹!«

»Das hat natürlich Klang.«

»Joar.« Erwin nickte übergescheit – und hinter seiner Stirn knisterte es sinister. »Aber Adson, weißt du denn eigentlich, wie man in Nixenkreisen einen Nixenmann betitelt, der kaum schwimmen kann und daher stets im Seichten dümpelt?«

»Du wirst es mir gleich sagen, Erwin.«

»Das ist dann ein reiner Flachnixer, nech. Hähähähähä.«


Und aus rasselnder Lunge lachte Erwin so sehr über seinen eigenen Witz und die Komik hinter seinen Kiemen, dass ich eben deshalb mitlachen musste. Und wir lachten wider das Wrack namens »Allernixe«, dass Rost davon abblätterte und Lack neu zu sprießen schien – und das herbe Lachduett hallte über die ganze Allerinsel und wollte kein Ende finden. Denn was ist schon gesünder als Lachen? – Genau: nix!


Statue

An dieser Stelle erscheint vierzehntäglich, jeden zweiten Freitag, die Kolumne »Celle – ein Gedicht« von Adson Ulkner Schertz. Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Namen um ein – nun ja: ulkiges Pseudonym handelt. Die Kolumnentexte landen in analoger Form auf Papier bei uns im Redaktionsbriefkasten. Wir sind bemüht, jeden Text mit einem passenden Foto zu illustrieren. Der ersten Kolumne war als »Autorenfoto« dieses Bild beigefügt.

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