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Celler Landwirte sehen Existenzen durch EU-Vorgaben bedroht


Foto: ahavelaar / stock.adobe.com


HERMANNSBURG/CELLE. Die möglichen Konsequenzen des EU-Vorschlages einer Pflanzenschutz-Reduktionsverordnung beschäftigt die Celler Landwirtschaft und LandwirtInnen. Dieser wolle sogar auch im Ökolandbau zugelassenen Mittel verbieten.


In der Region Hannover würde das einschließlich der Wasser- und Landschaftsschutzgebiete die Hälfte der Ackerfläche betreffen, der Kreis Celle sei ähnlich betroffen. Die Folge wären aus Sicht des Landvolk Niedersachsen mehr Importe aus dem Ausland und ein weiteres Höfesterben in der Region. Gemeinsam mit diversen Bauenverbänden unterstützen sie einen Brief an Eu-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und hoffen, dass die Vorlage nicht umgesetzt wird.


Das Schreiben im Original-Wortlaut


Sehr geehrte Frau Präsidentin Dr. Ursula von der Leyen,

mit Sorge und Unverständnis beobachten wir als Vertreter des ländlichen Raums in Niedersachsen die Vorlage der EU-Kommission einer „Sustainable Use Regulation" (SUR). Wir befürchten nicht nur erhebliche einzelbetriebliche und volkswirtschaftliche Nachteile durch die rigiden prozentualen Minderungsvorgaben beim chemischen Pflanzenschutz bis 2030. In besonderem Maße sind wir beunruhigt, weil der Kommissionsentwurf einen Großteil der Schutzgebiete aus dem Wasser- und Naturschutzrecht zu Verbotszonen für die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln erklärt, sogar für die im Ökolandbau zugelassenen Mittel.


Am Beispiel der Region Hannover würde das einschließlich der Wasser- und Landschaftsschutzgebiete die Hälfte der Ackerfläche betreffen, zahlreiche weitere Landkreise in Niedersachsen erreichen eine ähnliche oder gar noch höhere Betroffenheit. Ein finanzieller Ausgleich ist mittel- und langfristig ausdrücklich nicht vorgesehen. Ernsthafte Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zeigt die Verordnung den Betroffenen nicht auf. Diese massiven und entschädigungslosen Eingriffe in die Landnutzungsmöglichkeiten werden gravierende Folgen nicht nur für die Wirtschaft und Gesellschaft im ländlichen Raum in Niedersachsen haben:

• Die land- und forstwirtschaftlichen Erträge in der EU werden deutlich sinken.

• Die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln im europäischen Wirtschaftsraum würde abnehmen, der Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln von aktuell rund 90 Prozent deutlich absinken. Die Auswirkungen auf die weltweite Versorgungslage mit Lebensmitteln werden wesentlich gravierender sein als die des hoffentlich in absehbarer Zeit beendeten Ukraine-Kriegs.

• Voraussichtlich jeder zweite Betrieb könnte gezwungen sein, seine Landbewirtschaftung drastisch

umzustellen, verbunden mit Mehrarbeit und-kosten auf den Höfen und Mindererträgen in Wald und auf dem Feld. Höhere Verbraucherpreise können dies nicht ausreichend kompensieren. Für die Betroffenen bedeutet das de facto eine Enteignung. Viele Betriebe werden eine solche Zwangsumstellung nicht überleben.


"Gemeinsam wollen wir Natur-, Arten- und Klimaschutz.vorantreiben, nicht aber unter Aufgabe unserer Existenz"

• Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln wären unausweichlich, besonders betroffen davon wären ärmere Bevölkerungsschichten. Eine stets gesicherte und bezahlbare Ernährung als Grundlage von Frieden und Wohlstand sehen wir ernsthaft gefährdet. Wenn die Menschen den Sinn politischer Entscheidungen nicht mehr verstehen und deren gesellschaftliche Kosten den Nutzen deutlich übersteigen, führt dies mitunter zu Reaktionen, wie sie in Form heftiger Proteste aktuell in den Niederlanden zu beobachten sind. Gerade in einer Zeit, in der das demokratische Europa aufgrund der Herausforderungen bedingt durch die russische Aggression gegenüber der Ukraine näher zusammenrückt, droht die Farm to Fork-Strategie die Menschen auseinander zu dividieren. Dieses halten wir für einen kontra-produktiven Ansatz, der sich nicht durch „höhere Ziele" rechtfertigen lässt, zumal er diese im Klimaschutz nicht erreichen wird. Vielmehr befürchten wir eine erhebliche C02-Emissionsverlagerung durch den zunehmenden Import von Lebensmitteln ins nicht-europäische Ausland.


Wir als LandFrauen, Waldbesitzer, Jagdeigentümer, Berater, Lohnunternehmer, Land- und Forstwirte sowie als Menschen im ländlichen Raum nehmen die Ziele des Green Deal ernst. Der von der Kommission mit SUR vorgelegte Entwurf macht alle bisher auf konsensualem Verhandlungsweg erarbeiteten, kooperativen Bemühungen wie die des Niedersächsischen Wegs oder der Zukunftskommission Landwirtschaft für eine nachhaltige Landwirtschaft zunichte. Als Vertreter des ländlichen Raums sorgen wir uns um Natur-, Arten- und Klimaschutz. Gemeinsam wollen wir diese vorantreiben, nicht aber unter Aufgabe unserer Existenz. Der von der Kommission gewählte Top-down-Ansatz zerstört einen Großteil der bisherigen freiwilligen Bottom-up-Aktivitäten, weil er lokal angepasste Gestaltungsmöglichkeiten verbaut. Erfolgreicher Naturschutz funktioniert nur, wenn er von den Betroffenen akzeptiert und vor Ort mit Überzeugung umgesetzt wird. Deshalb bitten wir Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, den von Vizepräsident Frans Timmermans vorgelegten Entwurf der SUR zurückzuziehen.


Gerne würden wir uns mit Ihnen zu einem persönlichen Gespräch treffen, um bessere Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. Der Niedersächsische Weg zeigt sehr deutlich, wie Politik zu guten, gemeinsam von allen Beteiligten getragenen Ergebnissen führen kann. In diesem Geist bitten wir Sie, auch weiterhin die Politik der EU zu gestalten.

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