CelleHeute startet neue Kolumne: Folge 1 – "Zombie Celle"
- CELLEHEUTE
- vor 5 Stunden
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Von Adson Ulkner Schertz
Längst schon lebe ich als einsamer Dichter tief in der Peripherie, wohne ich weitab in Waldeinsamkeit, meide Mensch und meide Medien (die meisten zumindest), suche bloß gutes Buch und gutes Brot. Heute aber zwickte mich eine Art Nostalgie, wehte mir ein wie jugendlich lebendiger Wunsch ins Sonnengeflecht und in die schon leicht morschen Knochen: Seit langem wollte ich endlich einmal wieder nach Celles Innen- und Altstadt mich hinunterbegeben. Und das tat ich denn auch. – Aber ach! Was war jetzt das?! Da war ja kaum noch etwas! Leere gähnte allenthalben; Ödnis lag trist auf wenig betretenem Asphalt; die Mienen der wenigen versprengten Passanten miesepeterten auf Handy-Displays nieder; die Menschen robotertrotteten nur so dahin. Wo war das Leben, das einst durch die Adern dieser Altstadtstraßen gerauscht war? Es hatte sich offenbar ausgerauscht. … Wieder zu Hause, stenographierte sich daraufhin dieses Gedicht in mein Schreibgerät und aufs Papier:
Zombie
Ach du Kleinstadt-Oll-Kamelle
hier im Aller-Urstromtal,
halbwegs glanzvoll warst du mal.
Heute ödet's bloß in Celle.
Altstadtfachwerkhäuser reihen
sich wie faule Zahnruinen.
Kann man selbst nur träge grienen,
sich durch Flucht daraus befreien.
Flieh mit deinen Siebensachen,
denn sonst packt dich Zombie Celle,
macht dein Hirn zur Frikadelle,
lässt dich weitre Zombies machen!
Aus der Sicherheit der Weite
kannst du abschiedsfröhlich winken.
Soll der Zombie weiterhinken;
du entgingst um Haaresbreite!
Humor ist, wenn man trotzdem lächelt. – Oder sind meine Augen nur schon allzu alt und schwach und schlecht, sodass ich das Gute, Schöne, Junge selbst nicht sehe, obwohl es eigentlich doch da ist? Ich weiß es nicht mit Sicherheit, noch nicht, aber ich werde forschen, werde gut bebrillt weiter beobachten, ja mikroskopisch examinieren sowie mit scharfem Weitwinkel makroskopisch überschauen. Wir werden also sehen!

P.S.: Bis dahin vergnüge ich mich mit einem Buchbändchen aus meiner Bibliothek: »Das Celler Land«, 1981 erschienen; der große Kunsterzieher Dietrich Klatt schoss die guten Fotos, und ein Wolfsburger namens Otto Sroka verfasste den schönen (schönfärbenden?), schmunzelnden und schwer Celle-verliebten Text. Darin lobhudelt er unter anderem so: »Es ist eine Stadt zum Streicheln, in der sich Vergangenheit und Gegenwart auf höchst nachdenkenswerte Weise vereinen. […] Zum Bummeln lädt eine Kette schönster Fußgängerzonen ein. Mit stillen Winkeln und sympathischen Konditoreien, mit Probierstübchen und fröhlichen Kneipen. Dazu Kaufhäuser, Boutiken [sic!], Läden und Lädchen.« – Hach, eine Zeitmaschine müsste man haben!

An dieser Stelle erscheint vierzehntäglich, jeden zweiten Freitag, die Kolumne »Celle – ein Gedicht« von Adson Ulkner Schertz. Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Namen um ein – nun ja: ulkiges Pseudonym handelt. Die Kolumnentexte landen in analoger Form auf Papier bei uns im Redaktionsbriefkasten. Wir sind bemüht, jeden Text mit einem passenden Foto zu illustrieren. Der ersten Kolumne war als »Autorenfoto« das folgende Bild beigefügt.