Blick über den Tellerrand: KESS-Studienfahrt nach Groningen und Zwolle

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CELLE. Um innovative Ansätze der Familienzentrumsarbeit kennenzulernen, hat das KESS am 4. und 5. November 2025 eine zweitägige Studienfahrt in die Niederlande unternommen. Seit nunmehr zwanzig Jahren besucht das Mehrgenerationenhaus und Familienzentrum regelmäßig Einrichtungen im europäischen Ausland, um Impulse für die Weiterentwicklung der Jugendhilfe in den Samtgemeinden Wathlingen und Flotwedel zu gewinnen.

Nach einem gemeinsamen Frühstück in Leer führte die Reise zunächst ins niederländische Groningen. Dort besuchte die Gruppe das „Forum“, ein modernes Kultur- und Bildungszentrum, und erhielt eine ausführliche Führung durch das Haus – vom Keller für 2500 Fahrräder über zahlreiche Räume für Begegnung und Austausch bis hin zur Dachterrasse im zehnten Stockwerk.

Anschließend stand ein Austausch mit dem Team des WIJ Groningen (Abkürzung für: Wir sind Groningen) auf dem Programm: Das Familien- und Sozialzentrum arbeitet eng mit Fachleuten aus Pflege, Wohlfahrt, Arbeit, Bildung und Gemeinwesen zusammen und bildet ein starkes Netzwerk im Sozialraum. Ziel ist ein inklusives Lebensumfeld, an dem alle Menschen teilhaben können. Familien und Einzelpersonen erhalten Beratung und Unterstützung direkt vor Ort – zunächst mit Blick auf eigene Kräfte und Ressourcen im Umfeld, und bei Bedarf mit passgenauer professioneller Hilfe. Entscheidend ist die enge Abstimmung aller beteiligten Fachkräfte, um zügige und wirksame Lösungen zu ermöglichen.

Die Übernachtung erfolgte in Giethoorn, bevor die Gruppe am nächsten Morgen weiter nach Zwolle reiste. Der zweite Reisetag widmete sich dem Konzept der niederländischen Familienräte (Eigen Kracht-Centrale). Die Direktorin für die Niederlande, Direktorin und Ausbilderin für die Niederlande, Hedda van Lieshout, erläuterte, wie Familienräte in schwierigen Lebenssituationen unterstützen: Etwa bei Trennungssituationen, Belastungen von Kindern, Todesfällen oder schwerwiegenden Konflikten.

Ein Familienrat bringt alle Menschen zusammen, die für eine Lösung wichtig sein können – Verwandte, Freundinnen und Freunde, Nachbarinnen und Nachbarn, Bezugspersonen der Kinder oder Lehrkräfte. Die Familie erarbeitet dabei selbst einen Zukunftsplan. Studien zeigen, dass selbst entwickelte Lösungen nachhaltiger greifen als rein professionelle Vorgaben.

Auch im KESS hat dieses Modell inzwischen einen festen Platz: Fünf Koordinatorinnen und ein Koordinator wurden im vergangenen Jahr ausgebildet. Familienräte werden nun über die Familienbüros der Samtgemeinden Wathlingen und Flotwedel angeboten.

In einem Auswertungsworkshop fühlte sich das KESS-Team darin bestärkt, auch weiterhin professionell so breit aufgestellt zu arbeiten. Geschäftsführerin Simone Welzien und Angelina Haupt, pädagogische Leitung, fassen zusammen: „Ein eng vernetztes Arbeiten unterschiedlicher Professionen im Sozialraum ermöglicht unbürokratische, niedrigschwellige Hilfe direkt vor Ort. Besonders erfolgreich sind Modelle, bei denen Entscheidungen gemeinsam im Sozialraum getroffen werden und den Fachkräften ein eigenes Budget zur Verfügung steht. Familienräte stärken zudem die Eigenverantwortung der Beteiligten – ein Ansatz, der sich in Forschung und Praxis als besonders wirksam erwiesen hat.“

Wer Näheres wissen möchte, kann sich gerne an das KESS wenden, denn das Teilen von Wissen gehört – nach Auffassung der niederländischen Experten – zu den Grundlagen für eine nachhaltige Organisationsentwicklung.

Text: MGH