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„Sie sehen nie das Sonnenlicht“ – Protest gegen Hühner-Mastställe


Beedenbostel BILA Protest Mastställe
Fotos: Anke Schlicht

BEEDENBOSTEL. „Nachts kommen die Fängerkolonnen“, der LKW des Geflügelkonzerns steht bereit für die Fahrt zum Schlachthof, „die Tiere leiden unter einem permanenten Hungergefühl“, „kranke Tiere werden eingesammelt, per Genickbruch getötet“ und landen in der Kadaver-Tonne. „Sie sehen nie das Sonnenlicht, gehen niemals raus.“ – Kurze Sequenzen aus dem Referat von Ina Müller-Arnke am Sonntagabend im Dorfgemeinschaftshaus Beedenbostel kommen Horrorszenarien gleich und beschreiben doch eine Wirklichkeit, wie sie sich tagtäglich in Hühnermastställen, auch in nächster Umgebung, vollzieht.


Außerhalb von Beedenbostel wird bereits eine solche agrarindustrielle Einrichtung betrieben, nun sollen 2 weitere für jeweils 60.000 Tiere an der Landesstraße 282 zwischen Luttern und Beedenbostel nach Antragstellung der Harald und Reinhard Otte GbR hinzukommen. Die Bürgerinitiative Lachendorf für Tier- und Umweltschutz (BILA) wehrt sich gegen diese Pläne und lud für den gestrigen Abend zu einer Protest- und Informationsveranstaltung ein. Eine der beiden Referenten war die Agraringenieurin und Nutztierexpertin bei „Vier Pfoten“ Ina Müller-Arnke.


Ihre Worte hinterlassen eine umso eindringlichere Wirkung, als dass sie zuvor den rund 50 Interessierten geschildert hat, wie ein normales Hühnerleben aussieht: Sie können 8 bis 15 Jahre alt werden, haben einen Tagesablauf, erkennen rund 30 Tiere als Sozialgefüge, lieben es, in der Sonne und im Sand zu baden, benötigen erhöhte Ruheplätze und Grünauslauf.


„Nichts von alldem findet sich in Mastställen“, konstatiert die Fachfrau, 35 bis 42 Tage dicht an dicht unter Kunstlicht unter permanentem Hunger- und Fangstress – so sieht das Leben eines Masthuhns aus. Immer häufiger käme es zu Bränden in den technisch hochgerüsteten Behausungen. „Auf den nicht gegebenen Brandschutz werden wir abheben“, schließt Eckehard Niemann an das Referat seiner Vorrednerin an. Er vertritt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die sich vor 40 Jahren als Opposition zum Bauernverband gegründet hat, und ist Sprecher des Landesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) Niedersachsen. „Ich koordiniere 300 Bürgerinitiativen deutschlandweit. Wir als Verband können klagen, in 50 % der Fälle gewinnen wir mittlerweile“, berichtet Niemann. Noch wurde der Otte GbR die Genehmigung nicht erteilt, das Beteiligungsverfahren läuft bis zum 8. April, bis dahin können noch Einwendungen vorgebracht werden, für den 13. Juli ist eine öffentliche Anhörung beim Landkreis Celle geplant.


Eckehard Niemann ist selbst Bauer, „es geht hier überhaupt nicht gegen die Familie, man kann nachvollziehen, wie die auf die Idee gekommen sind“, betont der Fachmann, der den Zuhörern die größeren Zusammenhänge der industriellen Geflügelzucht in Deutschland erläutert und auf die Emissionen, die Mastställe mit sich bringen, eingeht. „Ein Mäster ist ein Vertragslandwirt, der sich an einen der 4 großen Geflügelkonzerne in Deutschland bindet.“ Dieser liefere das Futter, schlachtet, sagt denen, was sie zu tun haben. „Reich wird man nicht damit.“ Die Konkurrenz sei groß, manches Handeln erkläre sich dadurch.


Angesichts der Defizite beim Tierwohl, der Umweltbeeinträchtigung sowie der geschilderten Gesundheitsgefährdung für Mensch und Tier ergibt sich aus den Reihen des Publikums die Frage, wieso der Staat nicht einschreite. „Wir haben eine Agrarindustriemafia, die ist unglaublich stark“, antwortet der Experte, der sich wünscht, dass die Otte GbR ihr Ansinnen aufgibt. „Wenn der Landkreis das genehmigt, und wir nehmen das anschließend auseinander, dann wird der Landkreis unter Umständen schadenersatzpflichtig gegenüber dem Investor“, entwirft er ein mögliches Szenario. Eckehard Niemanns Standpunkt in übergeordneter Hinsicht ist eindeutig: „Diese Art von Mast muss verboten werden.“ Und mit Blick auf den Fall, der den Anlass für die gut besuchte und sehr informative Veranstaltung gab, nämlich den geplanten Bau von 2 weiteren Massentierställen in Beedenbostel, sagt er: „Ich bin optimistisch, dass wir gute Chancen haben, dieses zu verhindern.“




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