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Anke Schlicht

Rap als Aufhänger für Veranstaltung über Antisemitismus


Rechts Deutsch-Rapper Ben Salomo Fotos: Peter Müller

CELLE. Dass sich das Publikum in der CD-Kaserne zum größten Teil auf unbekanntem Terrain bewegte, war der Hauptperson des Abends durchaus bewusst. Eine Reihe von Szene-Größen des Deutsch-Rap war auf der Leinwand zu sehen, nur Männer, einige mit Palästinenser-Tuch. Der jüdische Musiker Ben Salomo merkte dazu an: „Sie werden die nicht kennen, aber vielleicht Ihre Kinder und Enkel.“ Damit war das Durchschnittsalter der weniger als 20 Interessierten umrissen. Nicht mehr als 5 gehörten in die Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen.


Man freue sich sehr, dass es überhaupt gelungen sei, Ben Salomo zu gewinnen, kündigte das Mitglied der veranstaltenden Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Celle Dr. Monika Gödecke zu Beginn des Kurzvortrags mit anschließender Podiumsdiskussion den Gast vollmundig an. Kooperationspartner waren die Friedrich Naumann Stiftung für Frieden sowie die Rudolf-von- Bennigsen-Stiftung. Diese stellen den Moderator Christoph Giesa, der nach eigener Aussage regelmäßig gemeinsam mit dem in Israel geborenen und in Berlin aufgewachsenen Ben Salomo Schulen besucht, um aufmerksam zu machen auf das Phänomen des Antisemitismus in der Jugendkultur. „Es ist ein alltagsprägendes Problem“, sagte der 46-jährige Salomo. Speziell in der Deutsch-Rap-Szene seien Songs mit diversen antisemitischen Botschaften weit verbreitet. „Als Jude bist du im Rap-Business unten durch“, zitierte der Berliner einen Rapper mit Einfluss namens Arafat. Vor diesem Hintergrund hat sich Salomo lange gehalten, nach eigenen Angaben war er rund 20 Jahre in der Szene aktiv, habe sein bekanntestes Format jedoch im Jahr 2018 aufgegeben aufgrund der vorherrschenden Judenfeindlichkeit.


Dass diese auch in niedersächsischen Schulen Alltag sei, berichtete Dr. Rebecca Seidler, die Erste Vorsitzende des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen. Wer sich wie ihre 13 und 15 Jahre alten Söhne als Jude zu erkennen gebe, „bekommt jeden Tag die volle Breitseite“. Mit dem Moderator Giesa war sie sich einig in der kritischen Sicht auf Lehrkräfte. Sie seien ein Problem. „Es gibt nicht wenige, die im Kern antisemitisch sind.“ Auf dem Podium fand sich kein Vertreter der Berufsgruppe wieder, der hätte widersprechen können. Giesa sprach an einer Stelle von Überforderung der Pädagogen und schilderte seine Erfahrungen in Schulen: „Die Klassen sind bunt, da findet sich die ganze Welt. Konflikte werden ausgetragen.“


Neben Seidler und Salomo saßen auf dem Podium Politikwissenschaftler Enno Stünkel als Repräsentant des Projektes „Perspektiven gegen Antisemitismus“ vom Celler Netzwerk gegen Antisemitismus sowie die Geschäftsführerin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Dr. Elke Gryglewski. Diese machte deutlich, dass der Besuch in Gedenkstätten keine Wirkung entfalte hinsichtlich der feindlichen Einstellung gegenüber jüdischen Menschen. „Antisemitismus ist Teil unserer Kultur“, sagte sie. Die Politik sei nicht ehrlich. „Die Leute haben antisemitische Bilder.“ Es gebe nur wenige, die bereit seien, dieses anzuerkennen und den Schluss ziehen würden: „Ich will mich damit auseinandersetzen.“ Enno Stünkel argumentierte in die gleiche Richtung: „Die ganze Gesellschaft ist von Antisemitismus geprägt. Es braucht Unterbrechungen.“ Durch eine öffentliche Debatte ändere sich nichts, auch Prävention habe keinen Sinn. Insgesamt räumte das Podium die häufig genannten Rezepte, Judenfeindlichkeit entgegenzuwirken, ab. „Begegnung ist nicht der Generalschlüssel“, resümierte Salomo, empfahl aber, nach Israel zu reisen, um dort jüdische Menschen kennenzulernen. Rebecca Seidler forderte eine bundesweite Gesamtstrategie vom Kindergarten bis ins Seniorenheim.


Zwischendurch verließ Moderator Giesa immer mal wieder seine Rolle und berichtete von seinen Besuchen in Schulen. Wenn Lehrer schon marketingmäßig daherkämen, sagten, „bei uns gibt es das nicht“, und verwiesen auf die Label „Schule gegen Rassismus“ oder „Courage“, dann werde es meist schwierig. Dessen ungeachtet schlug Salomo als einzigen Lösungsansatz neben Reisen ins gelobte Land einen TÜV für Schulen vor. „Die müssten das volle Programm durchlaufen, Ben Salomo eingeladen, Fortbildungen für Lehrer regelmäßig durchgeführt haben. Mit Antisemitismus sollte man dort einem Handlungsprotokoll folgend umgehen. Dann könnte man eine solche Schule besuchen mit einer Davidstern-Kette um den Hals.“


Erst die Fragen aus dem Publikum führten zurück zum Ausgangspunkt, mit dem geworben worden war. Ob Salomo denn die Größen des Deutsch-Rap mal konfrontiert habe mit dem Problem. „Da muss du erstmal die Mauer des Managements überwinden“, lautete die Antwort. Habe man das geschafft, erhalte man nur ausweichende Aussagen. Das war’s. Bisweilen konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, Rap diene lediglich als Aufhänger, um junge Leute anzusprechen. Tiefergehende Einblicke von einem Insider blieben aus, er kratzte nur an der Oberfläche. Welchem Ziel die Veranstaltung mit der gewählten Zusammensetzung der Gäste auf dem Podium folgte, blieb offen. Klar ersichtlich war jedoch, dass die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ihr Ziel, künftig verstärkt ein jüngeres Publikum anzusprechen, mit diesem Event nicht umsetzen konnte.



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