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Kolumne Celle – ein Gedicht, Folge 6: »Schützenfest«

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Von Adson Ulkner Schertz


Dies ist natürlich ein beachtlicher Widerspruch: Menschenansammlungen, Horden, Aufmarschtumulte mag ich nicht und meide ich (wie aufmerksame Leser längst wissen) – aber: Für den Celler Schützenfestrummel mache ich mitunter eine Ausnahme und tauche ein in das radaurabatzige Getöse und Gewusel des Vergnügungstreibens, in das jahrmarktschreierische, kakophonisch-stroboskopische Gewirr aus Meuten, Buden, Theken, Fahrgeschäften, das ja nun das Gegenteil meiner geliebten Ruhe und Einsamkeit ist.


Für dieses mein widersprüchliches Handeln gibt es drei Gründe: Erstens habe ich eine (wohl etwas blauäugig romantisierende) Affinität zu Schaustellern und bin deshalb gern in ihrer Nähe, um ihnen bei ihrem Tun zuzuschauen. Zweitens sind die Besucher des Schützenfestplatzes so schön unterschiedlich, und Gesellschaftsschichten vermischen sich; und obwohl ich große Menschenmengen eben eher verabscheue, beobachte ich Menschen im Allgemeinen (und nicht nur Schausteller) doch sehr gern, was hier natürlich sehr gut geht. Der Hauptgrund ist aber der dritte: Auf dem Celler Schützenfest fand ich einstmals, also in einer längst vergangenen Zeit meine erste große Liebe (es werden die frühen 80er Jahre gewesen sein). Von meiner Großmutter mit einem kleinen Taschengeld ausgestattet, stiefelte ich allein über den Platz – und bumm!, stand es plötzlich da, jenes Mädchen nämlich, unweit des Autoscooters, und sah so schön aus. Ich sprach sie an, und für einen Teil des Abends war sie meine Freundin. Immerhin. Es ist also wieder einmal die wehmütige Vergangenheitssehnsucht, die in meinem Wesen und Wollen den Ton angibt. … Die Begebenheit von damals könnte man übrigens derart in ein Gedicht fassen:


Schützenfest

Zwischen Pommesbuden, Karussellen,

Autoscooter, Losen, Lüttjen Lagen,

Festzeltbumsdi, Tanz- und Saufgesellen

traf ich dich in jenen fernen Tagen.


Kindheit wollte eben Reife weichen;

Sonnenglühen löste sich in blauen

Abendstunden, so versprechungsreichen,

zukunftsvollen, jugendsommerlauen.


Schmunzeln, Augenstrahlen, Achterbahnen,

Liebesapfel, Cola, Händchenhalten:

wie durch unsre feinen Zellmembranen

britzelströmend Lebenslüste wallten!


Und am Schießstand schoss ich dir ein buntes

Sträußchen Plastikrosen – fast mit allen

Schüssen auf die Röhrchen Treffer –, und es

schien dir vorerst wirklich zu gefallen.


Dann zerriss das alles plötzlich wieder,

denn dein so, so schönes Mädchenglühen

mochte einen coolen Ältren lieber.

Menschen welken; Plastikrosen blühen.


Seit über vier Jahrzehnten frage ich mich immer mal wieder, was wohl mit dem Strauß Plastikrosen geschehen ist. Ob sie ihn behalten hat? Hütet sie ihn womöglich zusammen mit anderen Schätzen in einer Erinnerungskiste? Hier ist wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens. Vermutlich hat sie ihn später am Abend in einem Mülleimer entsorgt, vielleicht mit einem Lächeln, das zwischen mokant und mitleidig oszillierte.


Wie dem auch gewesen sei: Jetzt hier beschloss ich, an der Schießbude einen neuen Strauß zu schießen, ganz allein für mich Einsiedler-Ich. (Oh ha, ganz, ganz andere Preise zu bezahlen als damals!) 15 Schuss, zwölf Treffer – stehend ohne Auflage natürlich. Gute Quote, genau wie damals. Ich konnte es also noch! Die Schießbudenbetreiberin quittierte meine sichtliche Freude und meinen Stolz mit anerkennendem Nicken und Lächeln – was wiederum meine Freude noch weiter verstärkte. Einfach schön, diese Schausteller!


(Ein spektakulärerer Handlungsverlauf wäre natürlich der, dass ich in der Schießbudenbetreiberin plötzlich das Mädchen aus der Vergangenheit wiedererkenne. Durch meinen Strauß, den sie immer behalten hat, ist sie letztlich selbst zur Schaustellerin mit Schießstand geworden. Wie ich sie so entrückt und verliebt anschaue, erkennt sie schlagartig auch mich wieder. Wir heiraten und leben glücklich miteinander bis an unser spätes Ende. Aber wir sind hier ja nicht in Hollywood oder Schmonzettenhorst oder Seifenoppershausen. Wir sind hier in Celle.)


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An dieser Stelle erscheint vierzehntäglich, jeden zweiten Freitag, die Kolumne »Celle – ein Gedicht« von Adson Ulkner Schertz. Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem Namen um ein – nun ja: ulkiges Pseudonym handelt. Die Kolumnentexte landen in analoger Form auf Papier bei uns im Redaktionsbriefkasten. Wir sind bemüht, jeden Text mit einem passenden Foto zu illustrieren. Der ersten Kolumne war als »Autorenfoto« dieses Bild beigefügt.

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