CELLE. "Die Überlegungen der Fraktion sind derzeit noch nicht abgeschlossen", sagt die FDP. "Vorgesehen ist, dass wir Anfang Juni hierzu eine Position haben und veröffentlichen werden", teilt die SPD mit und die CDU bittet um Verständnis: "Erst wenn alle relevanten Fakten bekannt sind, können sich die Ratsfraktionen mit der Erarbeitung einer Perspektive für die Congress Union als Ganzes auseinandersetzen."
Die jüngst veröffentlichen Zahlen zum Investitionsbedarf der Celler Congress Union scheint alle zu überraschen, auch Kollegen anderer Medien, dabei versuchte CELLEHEUTE bereits 2020, ein Jahr nachdem mehr als 600.000 Euro allein für die Modernisierung der Küche ausgegeben wurde, "Licht ins Dunkel eines Celler Millionengrabs" zu bringen - doch es bleibt dunkel.
Steuertrick hat mehr geschadet als geholfen
Das Veranstaltungszentrum habe laut der jüngsten "Bestandsbewertung" einen Investitionsbedarf bis zu 34 Millionen Euro. Diese sei 2021 in Auftrag gegeben worden. „Der Gebäudeteil der alten Congress Union, der unter Denkmalschutz steht, und der Europasaal, dessen Decke im vergangenen Jahr bei einem Sturm schwer beschädigt wurde, haben jeweils einen Investitionsbedarf von 10 bis 12 Millionen Euro. Der Anbau von noch einmal 10 Millionen Euro. Kostensteigerungen sind dabei noch nicht eingerechnet“, wird Erste Stadträtin Nicole Mrotzek zitiert - ohne energetischen Verbesserungen, ohne neue Technik, allein zum Erhalt des gegenwärtigen Zustandes.
Altbekanntes will Politik erst noch beraten
Die Betriebskosten belaufen sich nach Angaben der Verwaltung für den Veranstaltungsbereich und das Thaers Wirtshaus auf 2,6 Millionen Euro jährlich, zuzüglich 1,8 Mio. Euro für Abschreibungen, Ausgaben für die Instandhaltung und die Managementgebühr für die Althoff-Gruppe - Millionen Steuergelder für Umbau der Küche etc.
Einen ursprünglichen Steuertrick durch Aktien-Gegenrechnungen der Stadt Celle verbot das Finanzamt rückwirkend bis 2015. Die Stadt musste mehr als 10 Mio. Euro nachzahlen - nebst 1,8 Mio. Euro jährlicher Subvention.
"Machbarkeitsstudie ist sehr komplex"
Die Stadt plane nun erneut eine "Machbarkeitsstudie" - aber eine andere ist bereits vor über drei Jahren in Auftrag gegeben worden. Ergebnis unbekannt. Erst auf Nachfrage vom damaligen Ratsherrn Oliver Müller (Die Linke/BSG), was denn aus seinem Antrag aus dem Mai 2018 geworden sei, in dem er ein entsprechendes Papier angeregt hatte, teilte die die Verwaltung mit: „Es gibt eine solche Machbarkeitsstudie von Ernst & Young, aber diese ist sehr komplex.“
„Der Rat hat hier deutlichen Informationsbedarf“, sagte FDP-Chef Joachim Falkenhagen bereits 2020 im Wirtschafts-Ausschuss. Anfang der 90er Jahre war die Stadthalle unter dem damaligen Oberbürgermeister Martin Biermann modernisiert und erweitert worden. „Das hat man doch in dem Bewusstsein getan, das rechnet sich nie“, erläuterte Joachim Falkenhagen die seinerzeitige Intention des Rathauses.
Nichts Genaues weiß man nicht
„Es geht hier um viel Geld“, sagte seinerzeit Oliver Müller. Er hatte im Januar 2019 erneut öffentlich gefordert, das Modell der Congress Union einmal zu durchleuchten. Das Papier von Ernst & Young scheint dieses Ergebnis nicht erbracht zu haben, vielmehr legen die Aussagen des Dezernates Finanzen in der Sitzung den Schluss nahe, dass in das Dunkel der 50 Seiten selbst erst einmal Licht gebracht werden müsste.
Auch Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge stellte damals bereits fest: „Dieses Konstrukt der Celler Congress Union ist völlig undurchschaubar. Ich verstehe es nicht.“ Ernst & Young hätte man erinnern müssen, dass sie überhaupt etwas liefern. In der Ausarbeitung stünde nur „allgemeines Blabla“.
Steuergelder zum Fenster raus, Wettbewerbsverzerrung inklusive
Um Aufklärung gebeten wurde 2020 die Celler „Weilep Group“ - diese scheint es weiterhin nicht zu geben, wie die ersten "Antworten" zeigen. Wir fragten Politik und Verwaltung:
- Welcher aktuelle Stand, welche konkreten Zahlen sind bekannt?
- Wie sind die konkreten Zahlen?
- Was planen Politik und Verwaltung?
- Mit welchen konkreten Summen wurde die Union in der Vergangenheit unterstützt? Und: Warum trotz der damals schon bekannten Einwände?
- Will und kann sich die Stadt die Häuser weiter leisten? Wenn ja, mit welchen Mitteln?
- Welche möglichen anderen Lösungen sind angedacht?
- Wie rechtfertigen Politik und Verwaltung das Thema Wettbewerbsverzerrung gegenüber der hiesigen Gastronomie?
Die ersten Stellungnahmen kamen ebenso schnell wie nichtssagend:
Alexander Wille, CDU:
"Die Ratsfraktionen befinden sich unverändert in der Einarbeitung in den sehr komplexen Themenbereich 'Congress Union'. Es gilt noch weitere Zahlen und Fakten auszuwerten. Erst wenn alle relevanten Fakten bekannt sind, können sich die Ratsfraktionen mit der Erarbeitung einer Perspektive für die Congress Union als Ganzes auseinandersetzen."
Patrick Brammer, SPD: "Meine Fraktion ist in dieser Sache noch mitten im Meinungsbildungsprozess, insofern kann ich heute leider noch keine Stellungnahme liefern. Vorgesehen ist, dass wir Anfang Juni hierzu eine Position haben und veröffentlichen werden. Ergänzen kann ich noch, dass wir uns zudem ein Bild vor Ort mal machen und die Union inspizieren werden." Joachim Falkenhagen, FDP: „Nutzung und Zuschussbedarf der Congress Union machen nachdenklich. Das sage ich gerade auch als Vorsitzender des Finanzausschusses, der die vielen schwierigen und aufreibenden Phasen der Haushaltskonsolidierung über viele Jahre begleitet hat. Fest steht, dass sich das Nutzerverhalten unserer Bevölkerung stark verändert hat. Die Überlegungen der Fraktion sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Weitere Beratungen mit ergänzenden Informationen stehen noch bevor.“
Dr. Udo Hörstmann, Die Unabhängigen - Bürger für Celle:
"In den kommenden Wochen wird uns die Verwaltung über die Situation in der Congress Union informieren. Danach werden wir in der Fraktion die Situation und evtl. notwendige bauliche, inhaltliche, wie damit auch verbunden, die finanziellen Notwendigkeiten besprechen. Da schon jetzigen Zeitpunkt irgendwelche Aussagen zu tätigen, ist mir nicht möglich. Eines kann man aber schon sagen: Dass der Altbau, der unter Denkmalschutz steht, anders zu behandeln sein wird als der Neubau, steht wohl außer Frage."
Behiye Uca, Die Linke. Seit über zehn Jahren habe ich – zwischen 2011 und 2021 – gemeinsam mit Oliver Müller auf das 'Millionengrab' Congress Union aufmerksam gemacht und Veränderungen eingefordert. Jetzt zeigt sich, wie richtig unsere Position war. Die betriebswirtschaftliche Situation des Kongresszentrums ist von Beginn an desaströs. Das Parkhaus eingeschlossen wurde faktisch Jahr für Jahr ein Millionendefizit eingefahren. Lange wurde dies beschönigt mit der Rede von einer Umwegrentabilität, also Besucherinnen und Besucher von Kongressen würden ja Geld in Celle lassen (Übernachtung, Shopping). Tragfähig war dies nie; jetzt ist diese Argumentation vollends weggebrochen. Wir haben lange gesagt, dass ein Ausweg nur in einer Optimierung der Betriebsstruktur oder in der Privatisierung. Der erste Weg ist vom Tisch. Ob einen Privatisierung möglich ist, muss jetzt geprüft werden.
In keinem Fall darf die Stadt erneut 30 Millionen Euro in einen Betrieb stecken, der in der aktuellen Konstruktion ein Millionengrab bleibenwird. Gelegentlich wird der Nutzen hervorgehoben, den die CongressUnion für die Celler Bürgerinnen und Bürger hat. Abgesehen vom Gastro-Bereich Thaers, der aber auch nur subventioniert funktioniert (ich erinnere an die 570.00 Euro für eine neue Küche), gibt es diesen Nutzen für die allerallermeisten Celler Bürgerinnen und Bürger nicht. Meine Meinung: Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.