Ende einer langen Tradition: Celle verliert Forschungsinstitut
- Klaus M. Frieling
- vor 7 Stunden
- 3 Min. Lesezeit

CELLE. Noch ein dreiviertel Jahr wird hier in Büros, Laboren und Stallungen geforscht, dann gehen am Institut für Tierschutz und Tierhaltung in der Celler Dörnbergstraße die Lichter aus. Die zum Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) gehörende Forschungseinrichtung zieht um nach Mecklenhorst bei Neustadt am Rübenberge, wo die drei niedersächsischen (unter bundesweit insgesamt 12) FLI-Fachinstitute zusammengelegt werden.
„Zum 1. September müssen unsere Ställe leer sein"
„Seit 2008 war der Umzug absehbar“, verweist Institutsleiter Prof. Dr. Lars Schrader im Interview mit CelleHeute auf damalige Pläne zur Neuordnung durch das Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Ende der Celler Institution ist nun für Ende August 2026 vorgesehen. „Wir wissen: Zum 1. September müssen unsere Ställe leer sein – wir fangen keine neuen Versuche mehr an.“
Ab Herbst 2026 täglich mindestens zwei Stunden für An- und Abfahrt
Schrader ist Chef von aktuell 57 Mitarbeitern. In der Vorweihnachtszeit wird der Wissenschaftler nun Personalgespräche führen, um die bevorstehenden Veränderungen und Herausforderungen zu besprechen. „Gerade bei den 14 technischen Mitarbeitern sind viele schon lange hier tätig und fest in Celle verwurzelt“, sagt er. Nur wenige wollen umziehen, ein Großteil aber gern weiter für das Institut arbeiten. „Die Arbeit ist attraktiv und abwechslungsreich“, sagt Schrader, „eine Abfindung ist für die wenigsten attraktiv.“ Und auch der in Cuxhaven geborene Schrader ist längst in Celle heimisch geworden, seit er 2002 als Leiter an den Celler Standort der damaligen Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) kam. Ab Herbst nächsten Jahres müssen er und seine Mitarbeiter dann täglich mindestens zwei Stunden für An- und Abfahrt einrechnen.

Die lange Geschichte des Standortes endet dann. In den 1930er-Jahren war in der Dörnbergstraße vom damaligen NS-Regime die Versuchs- und Forschungsanstalt für Seidenbau (an den noch Maulbeerallee und Gewerbepark Spinnhütte erinnern) aufgebaut worden. Ab 1942 wurde die Forschung auf weitere Bereiche der Kleintierzucht ausgedehnt. Nach Ende des Krieges und staatlicher Neuorganisation in Westdeutschland wirkte die Celler Institution als ,,Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht" weiter. Im Laufe der 1960er-Jahre konzentrierte sich die Arbeit auf die Verbesserung der Geflügelhaltung. In den Folgejahren gewann neben der Sicherstellung der Nahrungsmittel-Qualität auch die Weiterentwicklung der Haltungsformen nach ethologischen, hygienischen, ökologischen und ökonomischen Anforderungen an Bedeutung. Hinzu kamen Aspekte wie die Erhaltung genetischer Vielfalt.
EU-Referenzzentrum für Tierschutz in der Schweinehaltung
Noch immer forschen die Wissenschaftler am Standort Dörnbergstraße nach den idealen Haltungsbedingungen für Hühner und Puten. Und die Celler Einrichtung widmet sich auch anderen Tierarten (auch in Kooperation mit landwirtschaftlichen Betrieben): „2018 wurde das Institut von der EU zum europäischen Referenzzentrum für Tierschutz in der Schweinehaltung ernannt“, sagt Schrader, und ein bisschen Stolz schwingt in seiner Stimme mit.
Entwicklungen wie die „Celler Kleinvoliere“ wird es nun aber nicht mehr geben – von akademischen Weihen bleibt in der Geburtsstadt des Begründers der Agrarwissenschaften, Albrecht Thaer, wenig übrig. Durch Wegfall der jährlich veranstalteten Tagungen im Institut und das Ende regelmäßiger Studienaufenthalte junger Wissenschaftler dürfte Celles Stadtkultur etwas Vielfalt verlieren. Immerhin gibt es hier noch den Bohrsimulator der TU Clausthal.
Stadt hat städtebauliches Interesse am Gelände
Was wird nach dem Auszug des Instituts für Tierschutz und Tierhaltung mit dem Gelände passieren? Hinter den Fassaden der Gebäude aus den 1930er-Jahren erstreckt sich an der Dörnbergstraße ein großes Areal. Hier gibt es derzeit unter anderem noch 1085 Quadratmeter Stallfläche (das entspricht etwa vier Tennisplätzen), außerdem eine Brüterei für 30.000 Eier sowie eine Schlacht- und Kühlanlage. Ein großes Gelände mitten im Wohngebiet – so sieht die Celler Stadtverwaltung die Instituts-Schließung nicht nur als Verlust: „Wir haben städtebauliches Interesse an dem Gelände“, meldete das Rathaus bereits 2017 Bedarf an der demnächst freiwerdenden Fläche an. Das Gebiet habe „Entwicklungspotenzial“ hieß es vor acht Jahren. Neues gebe es dazu leider auch aktuell nicht zu vermelden, heißt es jetzt auf CelleHeute-Nachfrage.














