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Audrey-Lynn Struck

"Dunkles Kapitel unserer Stadtgeschichte": Celler gedenken Massaker von 1945

Über 70 Celler gedachten am Montag, 8. April, dem Massaker von Celle. (Fotos: Audrey-Lynn Struck)

CELLE. Der 8. April ist ein schicksalhafter Tag für die Stadt Celle. Heute vor 79 Jahren ereignete sich der einzige Bombenangriff auf die Residenzstadt. Zeitgleich wurden am 8. April 1945 mindestens 170 KZ-Häftlinge ermordet. Rund 70 Celler gedachten heute vor dem Mahnmal an der Trift an das Massaker von Celle, das abschätzig auch unter dem Namen "Celler Hasenjagd" bekannt ist. Zuvor war eine Gruppe von über 20 Cellern in einem Prozessionszug vom Neustädter Holz in die Triftanlage gezogen.


"Wir erinnern gemeinsam an ein dunkles Kapitel unserer Stadtgeschichte", sagt Christoph Engelen, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Celle. Es liege nun in der Verantwortung aller, dem aktuellen Rechtsruck in der Gesellschaft entgegenzuwirken.


Auch die Celler "Omas gegen rechts" erinnern an das Massaker (von links): Sigrid Hestermann, Karin Bäsener, Ellen Gast und Barbara Kleber. Die "Omas gegen rechts" treffen sich jeden zweiten Dienstag im Monat um 11 Uhr im Café Atelier Glückskind.

Auch Maximilian Schmidt, Chef des SPD-Unterbezirks und Kandidat bei der Europawahl, bezieht sich in seiner Rede auf die aktuelle politische Entwicklung in Deutschland und verweist auf das geheime AfD-Treffen in Potsdam. Dort soll es Ende November auch um Deportationspläne gegangen sein.


"Wir wollen an das Massaker erinnern und gleichzeitig mahnen: Nie wieder Faschismus, nie wieder Menschenfeindlichkeit."

"Wir wollen an das Massaker erinnern und gleichzeitig mahnen: Nie wieder Faschismus, nie wieder Menschenfeindlichkeit. Nicht in Celle, nicht in Niedersachsen, nicht in Deutschland", so Maximilian Schmidt. Annette Schmahl, Stadtverbandsvorsitzende der Grünen, verweist auf die Historikerin Carmen Lange. Diese habe beschrieben, dass die Täter meist "kleine SS-Leute" gewesen seien, die auch aus Angst handelten: "Gegenüber der Bevölkerung wurden die entflohenen Häftlinge als plündernd und bewaffnet dargestellt, um gezielt Angst zu schüren. Diese Angst trug dazu bei, dass zum Ende des Krieges in Celle ein beispielloses Massaker verübt wurde." Heute sei es die AfD, die gezielt Angst schüre. Das müsse verhindert werden. Der Gastronom und SPD-Ratsherr Hatti Kizilyel erzählt: "Ich habe erst von dem Massaker von Celle als Erwachsener gehört, in der Schule war das nie Thema. Das ist traurig und sollte sich ändern."



Im kommenden Jahr jährt sich das Massaker von Celle nun zum 80. Mal. Dann soll mit allen Akteuren, wie der Kirche und der AG Bergen-Belsen eine größere Gedenkveranstaltung geplant sein. "Wir haben auch schon die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens angefragt", verrät Maximilian Schmidt.


Auffällig: Von der Stadtverwaltung ist niemand gekommen. "Die Demokratie zu schützen, darauf hat keine Partei das Copyright. Das ist die Pflicht von allen demokratischen Parteien", betont Maximilian Schmidt und lädt auch Vertreter der CDU und FDP zu der nächsten Gedenkveranstaltung ein.


 

Was ist bei dem Massaker passiert?


April 1945 in Celle: Der Zweite Weltkrieg ist bereits in der Endphase, die Alliierten sind auf dem Durchmarsch. Ein Güterzug mit KZ-Häftlingen ist auf dem Weg ins Konzentrationslager Bergen-Belsen. Doch in Celle muss der Zug halten. Der Grund ist ein technischer Defekt. Am Nachmittag greift dann plötzlich eine amerikanische Bomberstaffel den Güterbahnhof an, mehrere hundert Menschen werden getötet.


Einige Waggons werden beschädigt, sodass die KZ-Häftlinge die Flucht ergreifen. Viele verstecken sich im Neustädter Holz, einem Waldgebiet in der Nähe des Bahnhofs. Die SS-Männer machen Jagd auf die geflohenen Häftlinge - darunter sind auch viele Celler Bürger. 170 Häftlinge werden grausam ermordet. Nur drei Tage später nehmen britische Truppen die Stadt ein.



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