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„Die Grenzen des Sagbaren“ erklärt vom „Papst der Germanistik von Hannover“


Prof. Dr. Peter Schlobinski im Kreistagssaal Foto: Anke Schlicht

CELLE. Die hannoversche Üstra und auch die Berliner BVG sind ihnen auf den Leim gegangen, wem genau, das lässt sich nicht so leicht definieren. Als „Machtträger“ bezeichnet der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Peter Schlobinski jene Menschen, die aktuell Einfluss nehmen auf unsere Sprache. „Schwarzfahren“ haben sie beispielsweise als rassistisch gebrandmarkt, daher verbannten die beiden Nahverkehrsbetriebe die Begriffe.


Ein völlig unnötiger und falscher Schritt, denn, wie #Schlobinski in seinem gestrigen Vortrag auf Einladung der Celler Zweigstelle der Gesellschaft für deutsche Sprache (#GfdS) im #Kreistagssaal ausführt, hat das Wort überhaupt keine rassistische Komponente, vielmehr stammt es aus dem Rotwelsh, einer Art Geheimsprache unter fahrenden Leuten, Bettlern, Handeltreibenden, Kleinkriminellen. Sie war das Erkennungszeichen eines bestimmten Milieus, das von den Nationalsozialisten zerstört wurde.


Das Beispiel veranschaulicht den aktuellen Zeitgeist die #deutsche #Sprache betreffend. Eine Art von unsichtbarer Sprachpolizei geht um und verzeichnet Erfolge. Sprachpolitische Hyperkorrektheit, sensitive reading, Gendersternchen oder -doppelpunkte, Sprechpausen oder auch nicht, Hauptsache, das generische Maskulinum wird nicht mehr verwendet und zum Einsatz kommen stattdessen „innen“ oder „Innen“, sind die Stichworte. „Die Grenzen des Sagbaren“ hat Peter Schlobinski, der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache und „Papst der Germanistik von Hannover“, wie ihn die „Neue Presse“ einst betitelte, seinen Vortrag überschrieben und stieß auf überaus großes Interesse. Der Kreistagssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt, Stühle mussten dazugestellt werden, um der Nachfrage gereicht zu werden. Auch Landrat Axel Flader befand sich unter den Zuhörern.


Doch der Referent beschränkte sich nicht auf diese brandaktuellen neuen Phänomene, er geht wissenschaftlich an die Sache heran, bemüht sich, keine Wertungen abzugeben, wenn er es doch tut, betont er: „Das ist nur meine persönliche Meinung“. Er referiert über Sprachtabus, die von Vertretern des rechten Spektrums durchbrochen wurden, und Ausweichstrategien, wie z.B. die Verwendung der Zahl 88 als Code für den verbotenen Hitlergruß, zweimal der achte Buchstabe des Alphabets. Weniger spektakulär, regelrecht subtil dagegen der Begriff „Flüchtlingswelle“, „hier wird bewusst eine Metapher verwendet, die Bedrohung signalisiert“, erläuterte der Experte. Die Assoziationen, die Wörter hervorrufen, können wohl überlegt sein. „Einen Affenzirkus veranstalten“ – handelt es sich hierbei um einen rassistisch-diskriminierenden Ausspruch, wenn ein dunkelhäutiger Fußballspieler in den Zusammenhang der Geschichte gehört? „Der Kontext ist ganz entscheidend für die Analyse von Wortbedeutungen“, betonte der Sprachwissenschaftler. Es gebe Normen, an die man sich halten müsse. Stark vereinfacht arbeiteten rechtspopulistische Gruppierungen mit Tabubrüchen, während das linke Spektrum sich sprachpolitischer Hyperkorrektheit bediene.


Wie groß das Interesse, aber auch die Unsicherheit beim Thema deutsche Sprache derzeit ist, zeigte die sich anschließende Diskussion. Die Zahl der Interessierten, die Fragen stellen wollten, war so hoch, dass die beiden Moderatorinnen Sabine Drenkhan und Gisela Herfurth um Verständnis bitten mussten, nicht alle zu Wort kommen zu lassen. Der zeitliche Rahmen wäre gesprengt worden. Viele Fragen blieben offen - bei einem „Die Grenzen des Sagbaren“ betitelten Vortrag allerdings keine Überraschung. Abschließend macht Prof. Dr. Peter Schlobinski auf sein aktuelles Projekt "Respekt und Sprache" aufmerksam und betont: "Respekt ist wichtig, aber nicht in ideologischen Kategorien."

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