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Breitgefächerte Veranstaltung zu Ludwig Höltys 275. Geburtstag





CELLE. Aus Anlass des 275. Geburtstags des Dichters Ludwig Hölty hatte die Ernst-Schulze-Gesellschaft schon im März einen wissenschaftlichen Vortrag im Kreistagssaal geboten, der auf großes Interesse gestoßen war. Jetzt gab es zum „Hölty-Tag“ am selben Ort ein vielfältiges Angebot, das auf ein sehr interessiertes Publikum stieß.

Eingeleitet und begleitet wurden die Beiträge durch bildende Kunst. Eine 11. Klasse des Hölty-Gymnasiums hatte Kaltnadelradierungen von Gesichtern geschaffen. Die Schülerinnen und Schüler hatten mit dem Handy Selbstporträts aufgenommen, nach denen sie die Radierungen als Mimikstudien gestalteten, die nicht idealisieren sollten. Die eindrücklichen Bilder zogen die Blicke auf sich.


Die Theatergruppe des Hölty-Gymnasiums steuerte ein Video bei, in dem Schüler im nächtlichen Schulgebäude auf den Geist von Ludwig Hölty stoßen und ein lebhaftes Gespräch mit ihm führen, bis sie vom Hausmeister gestört werden. Es werden auch Gedicht-Texte von Hölty präsentiert, durch Textwiedergabe, auch mit Musik, aber nicht in klassischen Vertonungen, sondern als Rap. Gerappt wird auch ein Text, der kritisch feststellt, dass die Wertschätzung Goethes alles beherrscht, aber kaum jemand Hölty kennt.


Die Frage, welche Beziehungen Hölty zu Celle hatte, behandelte Helga Buchhop in einem gesonderten Beitrag. Sie erinnerte daran, dass er als Kind schwer an Pocken erkrankt war und deshalb über Jahre hinweg keine Schule besuchen und nur vom Vater unterrichtet werden konnte. Erst 1765, im 16. Lebensjahr, schickte der Vater ihn nach Celle zur Lateinschule in der Kalandgasse. Wohnen konnte bei seinem Onkel Gössel in der Schuhstraße 22. Nur bis 1768 dauerte sein Schulbesuch. 1769 begann er, Vaters Wunsch entsprechend, ein Theologiestudium in Göttingen. Dort schloss er sich Mitstudenten an, die sich wie er für Literatur begeisterten und eigene Texte schrieben und diskutierten. Man gab sich den Namen „Hainbund“. Den Hainbündlern Miller und Voß, mit denen er sich besonders gut verstand, hat er auch über seine Celler Schulzeit berichtet. Aus deren späterer Veröffentlichung wissen wir so manches über seine hiesige Schulzeit, auch, dass er sich schon frühzeitig Literatur in den Originalsprachen erobert hat und dass er Literaturformen aus anderen Sprachen abgeguckt und für sich zur Anwendung im Deutschen aufgenommen hat. Ihren Beitrag schloss Helga Buchhop mit dem Satz: „Mit der Beschäftigung des Schicksals unserer Vorfahren, kümmern wir uns sozusagen um unsere Wurzeln und wenn wir uns um unsere Wurzeln kümmern, haben wir mehr Halt im gegenwärtigen Leben.“


Vier Schüler des Gymnasiums Ernestinum, die gerade das Abitur bestanden haben, führten dann ein fiktives literarisches Gespräch unter dem Thema „HÖLTY zwischen HAINBUND und Freund HEIN“. Sie übernahmen dabei Rollen als Hölty und als Freunde vom Hainbund, nämlich Voß, Leisewitz und Hahn. Der Autor des dargebotenen Gesprächs, Sascha Wenzel, stellte sich selbst in der Rolle des Dichters dar. Eine Frage war, wie kam Hölty mit seinen lebensbedrohenden Krankheiten zurecht? Kann man in seinen Gedichten gefühlte Todesnähe, vielleicht sogar eine Sehnsucht nach dem Jenseits finden? Ausgewählte Kleidung und Tische mit klassischen Büchern und Geschirr veranschaulichten ihre Positionen. In der Diskussion mit den Freunden wurden immer wieder Hölty-Gedichte rezitiert. Was für eine intensive Begegnung mit Lebensfragen und Poesie!


Mehrere Wortbeiträge befassten sich damit, welche Aspekte für Ludwig Hölty besonders wichtig waren. In besonderer Weise zog der Beitrag die Aufmerksamkeit auf sich, der die Ironie in Höltys Gedichten behandelte. Uwe Winnacker trug nicht nur Gedichte vor, er war von Kopf bis Fuß so kostümiert, dass er als ein Zeitgenosse Höltys durchgehen konnte, nur ein wenig eleganter, als das von Hölty berichtet wird. Auch darin steckte Ironie. Mit geradezu professioneller Stimme trug Winnacker mehrere ironische Gedichte vor, so auch dieses:


STAX

Nach dem Martial

Corinnen denkt Herr Stax, Corinnen,

Denn weiter denkt er nichts,

Vom Morgen an, bis zum Beginnen

Des Mondenlichts.

Als er einmal vor einer Weile

An seinen Vater schrieb,

Schloss er den Brief mit dieser Zeile,

Behalte mich, Corinna, lieb.


Elke Haas stellte eingehend dar, dass für Hölty ein Leben in der Natur ein sehr hoher Wert war. Sie veranschaulichte dies mit dem Gedicht „Der Gärtner an den Garten im Winter – eine Idylle“. Sie rezitierte auch das Gedicht die „Aufmunterung zur Freude“. Weiter führte sie aus, dass für ihn die Liebe ein Mittelpunkt seiner Dichtkunst war. Dazu brachte sie als Beispiel das berührende kurze Gedicht „Die Geliebte“.


Der „Wortsalon“ im Gymnasium Ernestinum unter der Leitung von Nathalie Gross stellte schließlich einzelnen Gedichten Höltys jeweils eine „Gegenstrophe“ gegenüber, einen neuen, anderen Text aus heutiger Sicht, der an den Originaltext in der einen oder anderen Form anknüpft. Christoph Stelljes trug zunächst das Original eindrucksvoll vor, dann folgte die Gegenstrophe. Dem Gedicht „An eine Tobackspfeife“ stellte Nathalie Gross z.B. „An eine Halskette“ entgegen.


Das Publikum dankte schließlich mit anhaltendem Applaus. Aus den sich anschließen Gesprächen war zu entnehmenden, dass die Zuhörenden sehr angetan waren. Das Gebotene wurde zwar nicht als perfekt angesehen, aber die Mitwirkenden wurden für Ihr Engagement gelobt und insgesamt erschien der Hölty-Tag als eine Bereicherung für alle.


Text/Fotos: Dr. Lothar Haas

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