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146 Menschen protestieren gegen den „kriegerischen Zeitgeist“ vor Rheinmetall


Fotos: Anke Schlicht

UNTERLÜSS. Keiner der Redner oder Organisatoren der heutigen Kundgebung vor dem Rüstungskonzern Rheinmetall in Unterlüß sagt es in dieser Form, aber den Kern ihres Protestes könnte man zusammenfassen in der Aussage: Absolut gar nichts rechtfertige es, Rüstungsgüter zu produzieren und zu vertreiben - auch nicht die nach Meinung vieler Militärexperten, Politiker und Bürger absolute Notwendigkeit eben dieser Herstellung von Munition und Waffen, um überhaupt eine Voraussetzung zu schaffen, dass in der Ukraine jemals wieder echter Frieden einkehre.


„Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt“, skandieren die laut Polizeiangaben 146 Menschen, die der Einladung der Friedensaktion Südheide unter Leitung von Hans-Dietrich Springhorn gefolgt sind, während ihres Spaziergangs durch Unterlüß, der zum Sitz der Firma Rheinmetall führt. Hier warten etliche Redner und Musikbeiträge auf die Protestierenden gegen einen „kriegerischen Zeitgeist“, die vornehmlich das Thema Ukraine-Krieg aus einer Perspektive betrachten, die vom Mainstream und der Haltung der Regierung abweicht.



„Das ist Rhetorik aus der Vergangenheit“, sagt Hans-Dietrich Springhorn in eine der zahlreich vorhandenen Kameras der überregionalen Medienvertreter in Bezug auf die Meinung des Verteidigungsministers Boris Pistorius, man müsse „Deutschland kriegstüchtig“ machen. Springhorn, der die Veranstaltung als Bestandteil der bundesweiten Ostermarschbewegung definiert, argumentiert: „Jeder Euro, der für Rüstung ausgegeben wird, fehlt woanders.“


Schauspieler Rolf Becker hält Rede


Der prominenteste Gast des Vormittags ist der Schauspieler Rolf Becker. In seiner Rede macht der 89-Jährige deutlich, wie sehr er vom 2. Weltkrieg geprägt ist. „1943 kam mein Vater zum letzten Mal zu Besuch, er sagte zu meiner Mutter ‚wir haben den Krieg verloren‘ und berichtete von dem, was den Menschen in der Sowjetunion angetan worden ist“. „Gefallen für Großdeutschland“, stand auf dem Brief, der den Tod des hochrangigen Offiziers mitteilte. „Diese Zeilen begleiten mich“, sagt Becker und macht keinen Hehl aus seiner wohl daraus erwachsenen Rußlandfreundlichkeit und Skepsis gegenüber der NATO.



Andreas Kuhn aus Soltau äußert sich ähnlich, er ist zwar jünger als Becker, aber auch er ist durch die Erzählungen seiner Eltern geprägt vom 2. Weltkrieg. „Geh bloß nicht zur Bundeswehr“, rieten sie ihm. „Ich bin absoluter Pazifist“, sagt Kuhn. „Es werden Kriege geführt, obwohl wir ganz andere Probleme haben.“ Wie etliche andere Gesprächspartner und Vortragende bringt er seine Enkel ins Spiel. Auch ihnen solle es vergönnt sein, in einer schönen Welt zu leben. Zudem müsse gerade Deutschland aufgrund seiner Historie führend sein in dem Bestreben, Frieden zu schaffen.


Protestzug durch Unterlüß bleibt friedlich


Der Eindruck tiefer Überzeugung und Unnachgiebigkeit vermittelt sich in den Dialogen mit Teilnehmern am Protestzug, der friedlich bleibt und anscheinend niemanden der Passanten stört. „Ich finde eine solche Aktion gut, aber es wird nichts bringen. Ich bin auch nicht dafür, dass hier Waffen produziert werden, aber man wohnt nun mal hier“, kommentiert Manfred Latos den Marsch durchs Dorf.



„So ein Schwachsinn“, ist einige Meter weiter von einigen jungen Leuten zu hören. Aber sie sind eher die Ausnahme. Die Menschen schauen, einige Autofahrer stehen im Stau, weil eine Straßenseite gesperrt ist aufgrund der Veranstaltung. „Sind Sie genervt?“ „Nein“, antworten zwei junge Männer im Lieferwagen, „wir machen uns lustig darüber“.


Kundgebung vor den Toren Rheinmetalls


Wie ernst es den Demonstrierenden für den Frieden mit ihrer Aktion indes ist, wird während der Kundgebung vor den Toren des Unternehmensgeländes durch die gehaltvollen Redebeiträge und die Musik im Stil der Liedermacher sehr deutlich. Ein Bild symbolisiert die Veranstaltung besonders eindrucksvoll: Eine Fahne mit der Aufschrift „Peace“ weht im Wind und verdeckt bisweilen die Firmenaufschrift „Rheinmetall“.


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