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Von Pannekaukenwind bis zur Endeholzer Dorfkneipe


BEEDENBOSTEL. „Noch keine Ortschaft ist bisher auf die Idee gekommen“, kommentiert Oskar Ansull die Einladung des noch ganz jungen Beedenbosteler Bürgervereins am Mittwochabend. Wer den „Buchspaziergang durchs Celler Land“ erlebt hat, stellt sich die Frage nach dem „Warum eigentlich nicht?“ umso dringlicher, würde man doch jedem Dorf wünschen, dass er diesen Autor einmal zu Gast hat, damit er in den neuen Gemeinschaftshäusern - die die längst gestorbenen Dorfkneipen leider nicht ersetzen können - erzählen kann von der „Heimat schöne Fremde“.


Viele Jahre hat der gebürtige Celler und mittlerweile in Berlin lebende Schriftsteller an diesem Werk gearbeitet und sämtliche Personen aus Stadt und Landkreis Celle, die in irgendeiner Form, und sei sie noch so klein und unbedeutend, literarische Spuren hinterlassen hat, aufgenommen. „Es war ihm immer wichtig, sich seiner Herkunft zu vergewissern“, sagt Claudia Ott in ihrer kurzen Einführung. Und Ansull ergänzt zu seinem Buch: „Ich wollte eine Region sichtbar machen“. Dieses ist ihm in einer Form gelungen, die selbst für Menschen, die lange in der Gegend leben und womöglich auf Generationen zurückschauen, Überraschungen bereithält. So wird nichts in Beedenbostel daran erinnern, dass der Medizinalrat, Verfasser medizinischer Schriften und Ehrenbürger der Stadt Celle Friedrich Ludwig Andreas Koeler (1773-1836) in Beedenbostel geboren wurde und aufgewachsen ist. „Er hat Celle das hygienische Überleben gesichert“, berichtet Ansull. Einige Kilometer weiter erblickte Jahrzehnte später eine Frau das Licht der Welt, die ebenfalls den Rahmen des Dörflichen sprengte, zur Heidedichterin wurde, in Kontakt stand mit dem Filmregisseur Ingmar Bergmann, in ihrem Heimatdorf Endeholz jedoch von einigen nur als „Märchentante“ tituliert wurde. Die im Jahr 1915 geborene Luise Cohrs entstammte dem Gasthaus Cohrs, besuchte das Kaiserin Auguste Viktoria Gymnasium und anschließend eine Sprachenschule in Hamburg. Sie hatte den Sprung hinaus in die Welt also schon geschafft, und doch kehrte sie 1945 zurück in ihre Heimatregion und verließ sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1993 nicht mehr. Die Antwort gibt ein Gedicht „Erste Leiwe“, das sie auf plattdeutsch verfasst hat. Oskar Ansull liest und stockt, die Geschichte vom Tod des Verlobten, der bestimmend sein sollte für das Schicksal der begabten Poetin, rührt ihn zu sehr. Er selbst ist mit der plattdeutschen Sprache aufgewachsen, hat wie Luise Cohrs den Rahmen seiner kleinbürgerlichen Herkunft in Westercelle gesprengt – im Gegensatz zur Dichterkollegin jedoch mit Happy End.


Wer ihn eher dem städtischen Milieu zuordnet, hat natürlich Recht, aber Ansull kennt sich in der Umgebung von Celle ebenso gut aus wie in der Stadt selbst. Er weiß zu berichten vom Fernfahrerdorf Bröckel, von verschwundenen, für den Truppenübungsplatz in Bergen geopferten Dörfern, von mehr oder weniger berühmten Menschen, die einst die Region durchquerten, manche zogen ob der Tristesse die Vorhänge der Kutsche zu, andere waren angetan und hinterließen wohlwollende Einträge in ihren Reisetagebüchern.


Es ist ein ebenso lehrreicher wie kurzweiliger und eindrucksvoller Streifzug, auf den Oskar Ansull seine Gäste in Beedenbostel mitgenommen hat. Verwendet hat er auch einen Begriff, der in Zeiten, in denen allerorts von einem schweren Winter die Rede ist, mehr herbeigesehnt wird denn je: „Der erste warme Wind nach dem Winter – Pannekaukenwind“, erläutert Oskar Ansull.




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