
CELLE. Die konjunkturelle Abkühlung hat sich zum Winter hin nicht weiter fortgesetzt, die Lage bleibt jedoch angespannt. Der Konjunkturklimaindikator im Wirtschaftsraum Nordostniedersachsen ist im vierten Quartal 2023 um sechs Punkte auf 82 Punkte angestiegen, doch mit Blick auf die weitere Geschäftsentwicklung überwiegt die Skepsis bei den Unternehmen. Das geht aus der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) hervor, für die im Dezember und Januar 163 Betriebe aus den Landkreisen Harburg, Heidekreis, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Celle ihre aktuelle und künftige Wirtschaftslage eingeschätzt haben.
„Der Indikator erreicht zwar wieder das Niveau, das kurz vor dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine herrschte, allerdings liegt er weiterhin unter dem Durchschnittwert der letzten fünf Jahre in Höhe von 87 Punkten“, kommentiert IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert. „Alles in allem bleibt die Stimmung in der regionalen Wirtschaft gedrückt.“ Zeinert führt das zurück auf die hohe Zinsbelastung, eine schwächelnde Nachfrage, hohe Energiekosten, gestiegene Preise für Vorprodukte und zunehmende Arbeitskosten. „Gleichzeitig sehen sich die Unternehmen mit dem Arbeits- und Fachkräftemangel und dem enormen Anpassungsdruck im Zuge der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz konfrontiert. Hinzu kommen starke Belastungen durch überbordende Bürokratie und neue Gesetzesvorgaben sowie die Auswirkungen der fortschreitenden außen- und sicherheitspolitischen Polarisierung in Europa und Nahost“, fasst Zeinert zusammen.
An der Spitze des Konjunkturzugs steht mit 100 Punkten die Dienstleistungswirtschaft, die gegenüber dem Vorquartal drei Punkte zulegte, gefolgt von der Industrie mit 91 Punkten, die mit 16 Punkten den größten Zuwachs aller Branchen verzeichnete. Auch der Großhandel legte um zwölf Punkte auf 56 Punkte zu, bleibt damit allerdings weiterhin die schwächste Branche. Nur der Einzelhandel hat einen Rückgang zu verzeichnen, der Branchenwert sinkt um 17 Punkte auf 77 Punkte.
Der leichte Anstieg des IHK-Konjunkturklimaindikators zwischen Herbst und Winter ist vor allem auf die deutlich positivere Beurteilung der aktuellen Geschäftslage zurückzuführen. Die gegenwärtige Geschäftslage bezeichnet jeder fünfte Befragte als gut. 54 Prozent sehen sie als befriedigend an. Rund jedes vierte Unternehmen beurteilt seine Situation als schlecht. Die Einschätzung der erwarteten Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten hat sich im Vergleich zum dritten Quartal 2023 dagegen nur geringfügig verbessert. Lediglich 13 Prozent der Betriebe rechnen mit einer Verbesserung, jedoch erwarten 42 Prozent schlechtere Geschäfte.
Fast zwei Drittel der Unternehmen halten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mittlerweile für das höchste Risiko für ihre Geschäftstätigkeit. Zeinert beobachtet in der regionalen Wirtschaft eine erhebliche Verunsicherung und Unzufriedenheit, die durch immer neue und kostensteigernde Vorgaben der Politik genährt wird. Fast jeder zweite Industriebetrieb in Niedersachsen gibt an, Teile seiner Produktionskapazitäten ins Ausland zu verlagern.
„Der Wirtschaftsstandort Deutschland verliert an Attraktivität und die Umfrage-Ergebnisse zu den Investitionsplanungen unterstreichen, dass die Unternehmen im Raum Nordostniedersachsen sich davon nicht abkoppeln können“, sagt Zeinert. Investitionen im Inland blieben aus, stattdessen würde schrittweise die Produktion ins Ausland verlagert. „Bei zahlreichen Standortfaktoren – beispielsweise Energieversorgung, Steuern und unternehmerischem Freiraum – sind etwa die USA oder asiatische Länder grundlegend besser aufgestellt. Darauf müssen wir jetzt endlich entschlossen reagieren und einen Neustart der Wirtschafts- und Standortpolitik einleiten“, appelliert Zeinert. Worauf dabei zu achten sei, habe die IHK-Organisation kürzlich in dem Zehn-Punkte-Plan unter dem Titel #GemeinsamBesseresSchaffen (www.dihk.de/resolution2023) formuliert.
Neben dem Konjunkturbericht für Nordostniedersachsen bietet die IHKLW gemeinsam mit der IHK Braunschweig einen Konjunkturbericht für den Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg an. Beide Berichte mit weiteren Daten, Grafiken und Erläuterungen sind zu finden unter: www.ihk.de/ihklw/konjunktur