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Regierungserklärung Ministerpräsident Stephan Weil im Original



HANNOVER. Heute tagt zum ersten Mal der neue Niedersächsische Landtag. Stephan Weil wurde als Ministerpräsident im Amt bestätigt. Gegenwärtig hält er folgende Regierungserklärung - unzensiert und unkommentiert:


Anreden,

eingangs möchte ich gerne – auch im Namen aller übrigen Kabinettsmitglieder – sehr herzlich danken für das Vertrauen, das Sie uns mit der Wahl des Ministerpräsidenten und der Bestätigung des Kabinetts zum Ausdruck gebracht haben. Wir wollen hart dafür arbeiten, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Und umgekehrt gratuliere ich allen Abgeordneten sehr herzlich zu ihrer Wahl. Nur gemeinsam – Landtag und Landesregierung – werden wir als Land in den nächsten Jahren die Krisen überwinden und Erfolg haben können. Mit welchen Gefühlen gehen wir an diese Arbeit? Nun, wenn wir auf die aktuelle Situation blicken, dann wird allen Mitgliedern des Plenums am Anfang dieser Legislaturperiode sehr bewusst sein, dass vor allem eine Phase der Herausforderungen vor uns liegt. Es ist aber auch eine Phase von Weichenstellungen, mit denen sich entscheidet, ob wir in Niedersachsen für die Zukunft gut gerüstet sind. Und es ist eine Zeit, die viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert, in denen sie nach Orientierung suchen und nach Sicherheit.

Vor dem Hintergrund der Sorgen und Verunsicherungen der Menschen war das Ergebnis der Niedersächsischen Landtagswahlen am 9. Oktober alles andere als selbstverständlich. Eine überwältigende Mehrheit der abgegebenen Stimmen haben Parteien erhalten, die sich ohne Wenn und Aber zu der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung unserer Verfassung bekennen. Andere Wahlen in anderen Teilen der Welt und in Europa und auch die Stimmung in anderen Teilen Deutschlands unterscheiden sich davon spürbar.

Die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen vertrauen nach wie vor unseren Institutionen – zu Recht! Wir haben gerade in den letzten Jahren gesehen, dass unser Staat handlungsfähig ist und Krisen erfolgreich bekämpft. Genau das ist auch unser Anspruch für die nächsten Jahre. Wir haben uns vorgenommen, das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zu bestätigen!

Ich sage das bewusst auch mit Blick auf die zurückliegenden Jahre, in denen Kolleginnen und Kollegen der CDU Teil der Landesregierung und der Landtagsmehrheit gewesen sind. Das waren zum Teil besonders schwierige Zeiten und ich bedanke mich persönlich sehr herzlich für die Zusammenarbeit, allen voran bei den Kollegen Bernd Althusmann und Dirk Toepffer, aber auch bei den anderen Mitgliedern der Landesregierung und des Landtages.

An diese Erfahrungen möchte ich gerne anknüpfen, wenngleich in einer neuen Verteilung der Rollen. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben vereinbart, eine Regierungskoalition zu bilden. Zugleich wollen wir uns um eine gute Zusammenarbeit mit der Union bemühen. Wir wissen, in den entscheidenden Fragen gibt es mehr Verbindendes als Trennendes. Diese Gemeinsamkeit wollen wir pflegen.

Anrede,

„Sicher in Zeiten des Wandels“ – so lautet die Überschrift der Koalitionsvereinbarung, die dieser Regierungsbildung zugrunde liegt. „Sicher in Zeiten des Wandels“ – das spricht zwei Gesichtspunkte an, die für die nächsten Jahre entscheidend sein werden.


Ja, wir befinden uns in Zeiten des Wandels und der Herausforderungen. Diesen Wandel, diese Herausforderungen wollen wir aktiv angehen, wir haben es selbst in der Hand. Wir wollen den Wandel gestalten und nicht warten, was passiert. Wir stehen für einen aktiven Staat, der Verantwortung übernimmt und handelt!

Für den Erfolg unserer Bemühungen gibt es eine entscheidende Voraussetzung: Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sollen sicher sein und sich sicher fühlen. Genau darum geht es uns. Das gilt für Sicherheit vor Straftaten und im öffentlichen Raum, den unsere Polizei sehr erfolgreich schützt.

Aber Sicherheit geht noch darüber hinaus: Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, dass ihr Staat an ihrer Seite steht, dass unsere Gesellschaft solidarisch zusammensteht. Wenn das gelingt, dann hat Niedersachsen eine gute Zukunft, davon bin ich überzeugt.

Natürlich muss aktuell die Bekämpfung der akuten Krisen im Vordergrund stehen. Viele davon sind ganz unmittelbar auf den Überfall Russlands auf die Ukraine zurückzuführen, der seit dem 24. Februar 2022 auch in unserem Land zu massiven Veränderungen geführt hat. Eines ist mir besonders wichtig: Verwechseln wir nicht Ursache und Wirkung. Die Schuld für das Elend in der Ukraine und die Probleme bei uns in Deutschland trägt der russische Präsident Wladimir Putin, niemand sonst.

Wir werden die daraus resultierenden Probleme offensiv angehen. Deutschland wird unabhängig von russischem Erdgas, in dieser Hinsicht hat die Bundesregierung schon bemerkenswerte Fortschritte erzielt. So muss es weitergehen, und Niedersachsen hat dabei eine besonders wichtige Rolle.

In Stade und Wilhelmshaven schaffen wir die Voraussetzungen für Flüssiggas-Terminals. In einer für sonstigen Verhältnisse beispiellosen Geschwindigkeit soll es noch in diesem Jahr in Wilhelmshaven losgehen. Das ist einer unserer Beiträge für die Versorgungssicherheit in ganz Deutschland!

Ich füge hinzu: Es ist zugleich ein Beitrag für den Klimaschutz. In Zukunft soll immer mehr klimaneutraler Wasserstoff über Wilhelmshaven und Stade vor allem auch unsere Industrieunternehmen in Niedersachsen mit Energie versorgen. Das ist der richtige Weg, aus der Krise heraus Fortschritt zu schaffen. Atomkraft und Fracking sind darauf keine Antwort.

Die Energiepreise machen vielen Bürgerinnen und Bürgern Angst, viele Unternehmen stellen sie vor Existenzfragen. Der Energiepreisdeckel des Bundes, der am Jahresanfang kommt, ist deswegen von eminenter Bedeutung.


Wir werden diese Anstrengungen als Land wirksam ergänzen. Noch in diesem Monat werden wir den Entwurf für einen Nachtragshaushalt vorlegen, mit dem wir ein Sofortprogramm in Höhe von etwa einer Milliarde Euro vorschlagen – genau so, wie im Wahlkampf angekündigt.

Wir denken dabei an Bürgerinnen und Bürger, die besonders hart betroffen sind, und an kleinere und mittlere Unternehmen, die sofort Unterstützung benötigen. Wir wenden uns an Kultureinrichtungen und Sportvereine und die soziale Infrastruktur, die ganz aktuell alleine nicht mehr weiterwissen. Und wir unterstützen die Kommunen in vielen Bereichen.

Der Bund plant einen Härtefallfonds über 12 Milliarden Euro für verschiedene Bereiche. Für Niedersachsen satteln wir mit unserem Sofortprogramm noch einen erheblichen Betrag drauf.

Mit unserem Sofortprogramm ist ein klares Signal verbunden: Gerade jetzt steht das Land Niedersachsen an der Seite seiner Bürgerinnen und Bürger und unserer Gesellschaft!

Die Energiekrise ist nicht unsere einzige Herausforderung. In der kalten Jahreszeit werden die Corona-Infektionen wieder deutlich zunehmen, das scheint sicher. Die Menschen in unserem Land sind überdurchschnittlich gut geimpft, unser Gesundheitswesen ist stark und hat alle bisherigen Herausforderungen gut gemeistert. Deswegen sind aus unserer Sicht derzeit weitere Schutzmaßnahmen nicht erforderlich.

Ich sage aber auch ausdrücklich: Wenn es die Situation erfordert, wird die Landesregierung nicht zögern, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Gesundheit und das Leben vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger zu schützen. So wenig wie möglich, so viel wie nötig – das war und das bleibt die Maxime unserer Corona-Politik.

Und dann gibt es noch ein Thema, das uns aktuell umtreibt. Infolge des russischen Angriffskrieges haben in den letzten Monaten über 100.000 Menschen aus der Ukraine in Niedersachsen Zuflucht gesucht. Angesichts des gezielten russischen Bombardements gegen die Zivilbevölkerung, vor allem auch auf die Energie- und die Wasserversorgung, rechne ich mit noch sehr viel mehr Menschen, die in der kalten Jahreszeit zu uns fliehen. Hinzu kommen viele tausende Menschen aus anderen Krisengebieten, die auch kurzfristig unterzubringen sind.

Ich bedanke mich herzlich bei den Niedersächsischen Kommunen, die mit allergrößtem Engagement daran arbeiten, den geflüchteten Menschen ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit jetzt und in den nächsten Monaten garantieren zu können. Wir wollen die Kommunen dabei tatkräftig unterstützen.

Auch das Land engagiert sich stark und wird seine Unterkunftskapazitäten noch einmal wesentlich erweitern. Ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere auch den Angehörigen der Hilfsorganisationen, die ein weiteres Mal durch ihre Arbeit helfen, diese schwierigen Aufgaben gut zu lösen. Darin dürfen wir in den nächsten Monaten nicht nachlassen.

Anrede,

es sind nun wirklich eine ganze Reihe von schwierigen Themen, die sich gerade alle gleichzeitig stellen. Aber darüber schwebt gewissermaßen ein Thema, das uns nicht nur aktuell, sondern auch auf Dauer beschäftigen muss. Die Rede ist natürlich von der Klimakrise, die Rede ist vom Klimaschutz, zu dem es überhaupt keine Alternative gibt.

Für die Landesregierung handelt es sich dabei um ein Querschnittsthema, das auf die eine oder andere Weise alle Ressorts betrifft. Wir wollen bis 2040 die Klimaneutralität in Niedersachsen erreichen und damit fünf Jahre früher als bisher im Klimagesetz vorgesehen. In zwei Zwischenschritten wollen wir die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 75 Prozent und bis 2035 um 90 Prozent reduziert haben.

Das sind sehr anspruchsvolle Ziele, dafür ist ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien in Niedersachsen unumgänglich. Das gilt für die Windenergie an Land und auf See, das gilt für Photovoltaik, das gilt auch für die Nutzung von Bioenergie.

Wer den notwendigen Ausbau will, muss die Verfahren wesentlich schneller und einfacher machen. Wir unterstützen die Anstrengungen der Bundesregierung in dieser Hinsicht und werden alle Möglichkeiten der Beschleunigung bei uns in Niedersachsen konsequent nutzen. Dazu gehört auch ein Vorrang für den Ausbau von Energieinfrastruktur.

Erneuerbare Energien benötigen auch Akzeptanz vor Ort. Wir werden auch für eine finanzielle Beteiligung der Standortkommunen am wirtschaftlichen Erfolg der Anlagen sorgen, damit der Nutzen von erneuerbaren Energien vor Ort auch konkret sichtbar wird.

Anrede,

Energiepolitik ist ein wichtiger, aber beileibe nicht der einzige Bestandteil unserer Klimaschutz-Strategie.

Rund 70 Prozent der bundesweiten Hochmoore liegen in Niedersachsen. Entwässerte Moore verursachen aktuell rund 20 Prozent der Klimaemissionen des Landes. Ein ambitionierter Moorbodenschutz ist damit unverzichtbar für wirksamen Klimaschutz bei uns in Niedersachsen. Wir wollen diese Zukunftsaufgabe im Dialog nach dem Vorbild des Niedersächsischen Weges gemeinsam mit Kommunen, Landwirtschaft, Naturschutz und Wasserwirtschaft angehen.

Im Bereich des Verkehrs sollen der Radverkehr und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver werden. Es ist sehr gut, dass das 49-Euro-Ticket im nächsten Jahr kommt. In einem wichtigen Bereich wollen wir noch darüber hinausgehen und für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende ein 29-Euro-Ticket anbieten.

In zwei Modellregionen wollen wir erproben, ob sich eine Mobilitätsgarantie im ländlichen Raum erfolgreich einführen lässt. Und wir legen ein besonderes Augenmerk auf die Etablierung von Rufbussen, die gerade im ländlichen Raum den ÖPNV wesentlich attraktiver machen können.

Die Transformation in Richtung Klimaneutralität ist eine enorme Herausforderung für die Wirtschaft und insbesondere für die Industrie. Die Landesregierung wird die Unternehmen in dieser Hinsicht aktiv unterstützen. Das Land wird über die NBank einen Transformationsfonds auflegen, um ganz konkrete Unterstützung zu leisten.

Aber es geht nicht nur um Geld. Niedersachsen ist bundesweit Vorreiter mit den Projekten der kleinen und großen Transformationslotsen. Das soll auch so bleiben. Deshalb werden wir dieses Angebot gemeinsam mit den Sozialpartnern weiter ausrollen.

Auch die Landwirtschaft steht in einem anspruchsvollen Veränderungsprozess. Dabei kennen wir sehr wohl die Situation vieler Betriebe. Die Landwirtschaft befindet sich aktuell in einer schwierigen Sandwich-Situation. Einerseits bestehen erhebliche gesellschaftliche Anforderungen, wie sie sich etwa im Klimaschutz oder dem Tierschutz ausdrücken. Anderseits können die Landwirte sich die Preise nicht aussuchen, für die sie ihre Produkte verkaufen. Und Veränderungen kosten nun einmal viel Geld.

Wir wollen deswegen alle Maßnahmen in einem engen Austausch mit der Landwirtschaft entwickeln. Dabei greifen wir zurück auf die guten Erfahrungen mit dem Niedersächsischen Weg in Sachen Arten- und Naturschutz. Landwirtinnen und Landwirte benötigen Unterstützung, wenn es um Veränderungen geht, und wir wollen sie dabei nicht alleine lassen.

Anrede,

das alles sind Themen, mit denen wir Weichen stellen für die Zukunft. Zum Klimaschutz gibt es keine Alternative, aber er kann sich gerade auch in wirtschaftlicher Hinsicht als eine große Chance erweisen. Wir wollen den Klimaschutz dafür nutzen, die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes wesentlich voranzutreiben. Wir wollen Niedersachsen als Energieland Nr. 1 etablieren und damit als Wirtschaftsstandort noch einmal wesentlich stärken.

Niedersachsen ist Windkraftland Nr. 1, über unsere Häfen sind wir das Tor zur Energiewelt. Wir sind der Energiespeicher für ganz Deutschland und führend in der Energieforschung. Wir etablieren uns als Kernland der Wasserstoffwirtschaft und als Zentrum der Offshore-Branche. Unsere Industrieunternehmen gehen voran in Richtung Klimaneutralität, dafür gibt es spektakuläre Beispiele, wie den Aufbau einer klimaneutralen Stahlproduktion in Salzgitter.

Das alles ist eine große Chance für den Klimaschutz und eine historische Chance für unser Land. Wir wollen unsere Stärken nutzen, um Zukunftsindustrien anzusiedeln und sichere Arbeitsplätze zu schaffen. Für uns sind Arbeit und Umwelt keine Gegensätze, sondern zwei Seiten einer Medaille.

Ich füge hinzu: Wenn wir über Arbeit sprechen, dann meinen wir gute Arbeit. Wir sind für die Stärkung der Tarifbindung und wir wollen noch konsequenter als bislang öffentliche Aufträge und Zuschüsse an die Tarifbildung sowie an soziale und ökologische Standards knüpfen.

Niedersachsen ist wirtschaftlich stark. Eine starke Wirtschaft – seien es die vielen kleineren und mittleren Unternehmen, seien es die Großunternehmen – schafft die Grundlage für sichere Existenzen, für gesellschaftlichen Zusammenhalt und einen aktiven Staat. Dessen sind wir uns bewusst und dafür wollen wir Beiträge leisten.

Anrede,

zu den grundlegenden Veränderungen unserer Gesellschaft gehört der demographische Wandel, der längst nicht nur Thema akademischer Vorträge ist, sondern die alltägliche Lebenserfahrung in unserem Land. Starke Jahrgänge gehen in den Ruhestand, die nachrückenden jüngeren Jahrgänge sind wesentlich kleiner. Der Fachkräftemangel ist aller Orten und in allen Bereichen spürbar.

Bildung ist natürlich mehr als Vorbereitung auf das Arbeitsleben, sie ist Grundlage für gesellschaftliche Gerechtigkeit und Teilhabe. Bildung ist aber auch eine wichtige Antwort auf die Fachkräftelücke in unserem Land. Unsere Aufgabe muss vor allem darin bestehen, die Qualität unseres Bildungswesens immer weiter zu verbessern. Im Bereich der frühkindlichen Bildung wollen wir den Stufenplan für eine dritte Kraft in allen Gruppen weiter umsetzen. Wir konzentrieren uns insbesondere auf die weitere Steigerung der Ausbildungszahlen im Erziehungsbereich.

In den Allgemeinbildenden Schulen muss es darum gehen, die Unterrichtsversorgung in allen Schulformen und an allen Schulen weiter zu verbessern und das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Deswegen muss es auch darum gehen, den Schulen kurzfristig wirksame Unterstützung zu ermöglichen, etwa durch andere Berufsgruppen. Notwendige Voraussetzung dafür ist aber auch die Gleichbehandlung der Lehrerinnen und Lehrer. Wir wollen eine Einstiegs-Bezahlung nach der Besoldungsgruppe A13 auch für Lehrkräfte an den Grundschulen, den Haupt- und Realschulen so schnell wie möglich realisieren. Das soll dann auch für bereits im Schuldienst befindliche Lehrkräfte gelten.

Die Schulen sind durch die Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Gerade unter diesen besonders schwierigen Bedingungen hat sich allerdings gezeigt, dass mehr pädagogischer Freiraum helfen kann. Diesen Freiraum werden wir den Schulen bieten.

Eine moderne Schule muss auch digitale Bildung vermitteln. Wir führen Informatik als Pflichtfach ein und beginnen damit, nach und nach die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen für sogenannte Tablet-Klassen mit den notwendigen Endgeräten auszustatten. Lehrkräfte berichten von spürbaren Entlastungen in solchen Klassen, Schülerinnen und Schüler von einem interessanteren, besseren Unterricht. Das ist eine gute Perspektive für unsere Schulen.

Wir werden die Berufsbildenden Schulen stärken. Der Beitrag dieser Schulform für die Fachkräfteentwicklung wird immer noch unterschätzt. Die Bedeutung unserer Berufsschulen müssen deswegen stärker in den Vordergrund gerückt werden. Auch die Bildungsstätten des Handwerks wollen wir stärken.

Und dann ist da noch ein Bereich, dessen Potenzial größer ist, als wir es derzeit sehen: Unsere Universitäten und Hochschulen. Zu sehr dominiert derzeit in einigen Bereichen immer noch eine Mikrosteuerung durch das Land unser Verhältnis zu den Hochschulen. Das soll sich ändern. Wir werden die Hochschulen mit mehr Autonomie ausstatten – als Grundlage für noch mehr Qualität in Forschung und Lehre.

Den Bildungssektor zu stärken ist unverzichtbar für die Fachkräftesicherung. Das alleine wird allerdings nicht reichen. Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland und das ist gut so! Durch ein modernes Zuwanderungsrecht muss dafür gesorgt werden, dass diese Zuwanderung nach klaren und nachvollziehbaren Regeln erfolgen kann. Dabei werden wir die Bundesregierung unterstützen.

Niedersachsen soll weltoffen und vielfältig bleiben. In unserem Land sollen alle Menschen frei von Angst und Diskriminierung leben können. Die Landesregierung wird Rassismus – in welcher Ausprägung auch immer – mit aller Kraft bekämpfen. Alle Menschen sollen bei uns die gleichen Chancen haben. Dafür wollen wir mit einem Teilhabe- und Partizipationsgesetz die Voraussetzungen schaffen.

Integrationsangebote und Sprachkurse sind dafür wichtige Bausteine. Entsprechende Angebote wollen wir bedarfsgerecht ausbauen und weiterentwickeln. Sprachförderung ist enorm wichtig für ein gutes Zusammenleben in unserer Gesellschaft und übrigens auch Teil einer Strategie gegen den Fachkräftemangel, ebenso wie das Werben um ausländische Fachkräfte.

Niedersachsen ist ein buntes und vielfältiges und damit ein modernes Land. Wir sehen Vielfalt als eine Stärke und eine Chance für unser Land an, das ist die Grundlage unserer Zuwanderungs- und Integrationspolitik.

Anrede,

der demographische Wandel ist mehr als eine arbeitsmarktpolitische Herausforderung, er ist vor allen Dingen auch eine soziale Herausforderung. Nicht nur, aber auch deswegen werden Gesundheit und Pflege auch weiterhin wesentliche Politikfelder in unserem großen Flächenland sein. Die medizinische Versorgung und die Pflege sollen überall in unserem Land dem Bedarf entsprechen. Deswegen werden wir unser neues Niedersächsisches Krankenhausgesetz konsequent umsetzen und die Krankenhauslandschaft entsprechend ordnen. Wir werden regionale Versorgungszentren weiter vorantreiben, um insbesondere die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum überall weiter zu stärken. Es geht uns darum, nicht nur die stationäre, sondern auch die ambulante Versorgung für pflegebedürfte Bürgerinnen und Bürger auf einem guten Niveau sicherzustellen.

Das alles kann nur gelingen, wenn in diesen gesellschaftlich so wichtigen Bereichen gute Arbeitsbedingungen herrschen. Druck und Hetze und Überökonomisierung sind wesentliche Gründe für den aktuellen Pflegenotstand. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege – sei es in den Krankenhäusern oder in den Pflegeheimen oder in der ambulanten Versorgung – müssen besser werden, ebenso wie die Bezahlung.

Wir brauchen schnell Fortschritte, um die Pflege wieder zu einem attraktiven Berufsfeld zu machen. Dabei kostet manches wahrscheinlich nicht einmal mehr Geld. Uns geht es darum, weniger Zeit am Schreibtisch und mehr Zeit gemeinsam mit Patientinnen und Patienten, mit Bewohnerinnen und Bewohnern und mit den pflegedürftigen Menschen zu Hause möglich zu machen. Der Anteil der Arbeitszeit, die Pflegekräfte am Schreibtisch zubringen müssen, ist viel zu hoch. Da müssen wir als erstes ansetzen.

Wir setzen die konzertierte Aktion „Pflege in Niedersachsen“ (KAP.Ni) fort. Dabei geht es uns gerade auch darum, endlich mehr Zeit und weniger Druck für die Beschäftigten möglich zu machen.

Anrede,

die Bekämpfung der aktuellen Krisen, der Klimaschutz, die weitere Stärkung unserer wirtschaftlichen Entwicklung, unser Einsatz für bessere Bildung, die Strategien gegen den demographischen Wandel – alles dies sind offensichtliche Schwerpunktthemen für eine gute Landesentwicklung. Dann ist da aber noch ein Thema, das sehr unauffällig, langsam und zugleich scheinbar unaufhaltsam fortschreitet. Ich spreche von dem immensen Investitionsbedarf, den wir in Niedersachsen haben.

Denken Sie nur an die Situation auf dem Wohnungsmarkt. In immer größeren Teilen des Landes ist die Situation angespannt und Menschen mit einem kleinen Geldbeutel haben große Schwierigkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Wenn nichts geschieht, werden sich diese Probleme noch verschärfen, denn die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen nimmt schon deswegen ab, weil Bindungsfristen auslaufen. Die Hoffnung, eine verstärkte Förderung für private Partner werde diese Situation maßgeblich verbessern, hat sich in den vergangenen Jahren leider nicht bestätigt.

Die Landesregierung hält es deswegen für zwingend geboten, mit einem eigenen Instrument des Landes Beiträge für mehr bezahlbaren Wohnraum in Niedersachsen zu leisten. Das ist eigentlich nicht etwas wirklich Neues, die NILEG hatte einst in Niedersachsen einen sehr guten Ruf und verfügte über einen Bestand von 30.000 Wohnungen. Diese Bestände sind leider Mitte der 2000er Jahre verkauft worden. Das war ein großer Fehler, wie heute alle wissen.

Die richtige Schlussfolgerung lautet, durch den Aufbau einer neuen Landeswohngesellschaft die Voraussetzungen zu schaffen für mehr öffentlich geförderten Wohnraum, für mehr bezahlbaren Wohnraum in unserem Land. Dies ist eines der zentralen sozialpolitischen Vorhaben unserer Regierung.

Investitionsbedarf besteht auch im Bereich der öffentlich genutzten Liegenschaften. Denken Sie an die Hochschulen, die Krankenhäuser und andere Gebäude des Landes. Überall sehen wir einen deutlichen Sanierungsstau, der sich nur mit den derzeit angewandten Mitteln kaum wird auflösen lassen.

Wir müssen die energetische Sanierung des öffentlichen Gebäudebestandes beschleunigen. Wir brauchen mehr Investitionsmittel und wollen über eine Landesliegenschaftsgesellschaft und andere Konzepte den Zustand des für unsere Gesellschaft unverzichtbaren Gebäudebestandes wesentlich verbessern.

Das alles wird selbstverständlich unter Beachtung der Regelungen zur Schuldenbremse geschehen. Unabhängig von der Grundsatzdiskussion ist sie geltendes Recht und deswegen auch Grundlage unseres weiteren Vorgehens.

Alle diese Initiativen fassen wir unter dem konzeptionellen Dach eines Niedersachsenfonds zusammen. Damit wird klar: Wir müssen und wir wollen mehr investieren in die Zukunft unseres Landes!


Anrede,

Viele wichtige Vorhaben, die in den nächsten Jahren anliegen, sind Querschnittsvorhaben, die in fast allen Ressorts eine Rolle spielen. Die Digitalisierung etwa, die in den nächsten Jahren vor allem auch zu konkreten Verbesserungen des Service für Bürgerinnen und Bürger und zur Beschleunigung von Verfahren genutzt werden muss. Inklusion und Integration, mit denen wir die gesellschaftliche Teilhabe in unserem Land weiter verbessern wollen. Und schließlich ein Thema, dessen Bedeutung ich durchaus hoch einschätze:

Viele Bürgerinnen und Bürger empfinden ihr Leben als immer komplizierter und die Erfahrungen mit staatlichem Handeln bestätigen diesen Eindruck ein ums andere mal. Wir haben aufwendige Verfahren, umständliche Verfahren und langwierige Verfahren. Vor diesem Hintergrund muss es unser gemeinsames Ziel sein, den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Verwaltungen das Leben leichter zu machen. Wir müssen schneller werden und wir müssen einfacher werden.


Nach unserem Programm wird es hierzu Beiträge aller Ressorts geben, die in der Summe wirklich beachtlich sind.

Lassen Sie mich nur zwei Beispiele erwähnen: Viele Kommunen berichten uns darüber, wie schwer es ist, die Förderprogramme des Landes tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Die Voraussetzungen dafür seien sehr kleinteilig und erforderten aufwendige Vorarbeiten. Die Abrechnung am Ende eines Vorhabens sei auch nicht leichter.

Wir wollen aus dieser nicht unberechtigten Kritik eine klare Schlussfolgerung ziehen: Förderprogramme sollen stark vereinfacht und die Richtlinien so verändert werden, dass Zahlungen ohne aufwendige Antragsverfahren pauschal erfolgen können. Über diese und andere Fragen werden wir intensiv mit den kommunalen Spitzenverbänden sprechen.

Ein anderes Beispiel: Gerade bei größeren Vorhaben sind häufig viele unterschiedliche Behörden beteiligt. Wir werden modellhaft ein effizientes Projektmanagement im Sinne einer Bündelungsfunktion durch die Ämter für regionale Landesentwicklung erproben. Wir wollen gerade bei solchen Vorhaben schneller werden.


Ein drittes Beispiel hatte ich schon erwähnt: Wenn wir es schaffen, den Verwaltungsaufwand in der Pflege zu reduzieren, leisten wir einen ganz wesentlichen Beitrag im Kampf gegen den Pflegenotstand.

Ich bin sicher, weniger Regelungsperfektionismus, mehr Pragmatismus, weniger Aufwand, mehr Tempo werden von Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie von Unternehmen mit Erleichterung aufgenommen werden. Daran wollen wir sehr ernsthaft arbeiten.

Anrede,

Lassen Sie mich gegen Ende meiner Ausführungen noch ein Thema ansprechen, das von grundsätzlicher Bedeutung und für uns besonders wichtig ist. Wir wollen, wir müssen, wir werden die Demokratie und den Zusammenhalt in unserem Land stärken!

Rassismus und Diskriminierung – aus welchen Gründen auch immer – dürfen in unserem Land keinen Platz haben. Beleidigungen und Bedrohungen, zum Beispiel gegenüber Mandatsträgerinnen und -trägern und Hauptverwaltungsbeamte, werden wir nicht akzeptieren. Wir sind eine Demokratie, aber wir sind ausdrücklich eine wehrhafte Demokratie, das sollen alle wissen!

Wer unseren Staat und unsere Demokratie verachtet und das zum Ausdruck bringt, wird in dieser Landesregierung einen harten Gegner haben. Für unsere freiheitliche Ordnung ist Kritik etwas völlig Normales, aber das gilt ausdrücklich nur innerhalb der rechtsstaatlichen Grenzen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass diese Grenzen eingehalten werden. Auch das ist ein Teil des Auftrages aus dem Wahlergebnis vom 9. Oktober.

Anrede,

es gibt wahrlich sehr, sehr viel zu tun in den nächsten Jahren für die Landesregierung und für den Landtag. Vor uns liegen entscheidende Jahre, in denen Weichen gestellt werden. Niedersachsen hat ein großes Potenzial, unser Land ist stark. Wir haben das Zeug dazu, stärker aus den aktuellen Krisen herauszukommen als wir hineingegangen sind. Unser Land soll wirtschaftlich stark und klimaneutral, sozial gerecht und vielfältig sein und vor allem durch und durch demokratisch.

In diesem Sinne machen wir uns an die Arbeit. Wir werden überall den Dialog suchen, wir wollen überall den Gemeinsinn in unserer Gesellschaft stärken. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit vielen Menschen in diesem Land, die diese Ziele teilen.

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