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Quartalsbericht Wolf: "Zahlen belegen Nutzen von Herdenschutzmaßnahmen"


Foto: NABU / Heiko Anders


HANNOVER. Obwohl die Zahl der Wolfsterritorien in Niedersachsen laut Landesjägerschaft Niedersachsen weiter angestiegen sei, nähmen Übergriffe auf Nutztiere gleichzeitig weiter ab. Der NABU Niedersachsen sieht dies als "eindeutigen Beleg" dafür, dass adäquat umgesetzte Herdenschutzmaßnahmen zum Schutz vor Nutztierrissen beitragen und weiterhin im ganzen Land zu fördern sind. Der NABU erklärt dazu, unzensiert und unkommentiert:


Ende des ersten Quartals 2023 konnten 51 Wolfsterritorien nachgewiesen werden (49 im letzten Quartal 2022), diese setzen sich zusammen aus 46 Wolfsrudeln (davon 40 bestätigt), drei Wolfspaaren und zwei Einzeltieren. Die Zahl der Übergriffe betrug im ersten Quartal dieses Jahres 89, im letzten Quartal 2022 dagegen noch 128. Dabei war laut offizieller Schadenstabelle in mehr als 50 Prozent der Fälle nachweislich kein ausreichender Grundschutz vorhanden. Es ist zudem bekannt, dass der Grundschutz nur selten Wölfe abhält. Er wurde aber als Bemessungsrundlage eingeführt, damit eine Entschädigung bei Wolfsrissen gezahlt werden kann. Der Grundschutz entspricht aber nicht dem empfohlenen Herdenschutz, dessen Vorhandensein behördlicherseits leider nicht dokumentiert wird.


Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, führt die zurückgehenden Zahlen auf erfolgreiche Herdenschutzmaßnahmen zurück: „Herdenschutz wirkt – das ist eine belegbare Botschaft, die sich nun auch in den Statistiken der Landesjägerschaft wiederspiegelt. Aus diesem Grund investieren wir als NABU Niedersachsen daher auch jährlich erhebliche finanzielle Mittel in das Projekt ‚Herdenschutz Niedersachsen‘, um Weidetierhaltungen zu unterstützen. Auch das Land Niedersachsen muss seine fachliche sowie finanzielle Unterstützung gegenüber der Nutz- und Weidetierhaltung entsprechend weiter ausbauen.“


Der scharfe Diskurs zum Thema Wolf trägt nicht zum Schutz von Weidetieren bei


Der NABU positioniert sich mit diesen neuesten Erkenntnissen auch weiterhin ganz deutlich gegen die erneut zunehmenden Aufrufe aus dem ganzen Land und aus unterschiedlichen politischen Spektren, Wölfe abzuschießen: „Aktuell sind verstärkte tendenziöse Berichterstattungen und Schnellschussreaktionen zu beobachten, die zum einen völlig an der Sachlage vorbeigehen – wie die jüngsten Zahlen belegen – und zum anderen die Diskussionen in Sachen Wolf unnötig aufheizen“, zeigt sich Dr. Buschmann besorgt. „Der NABU stand schon immer für einen sachlichen und fachlich unterfütterten Diskurs – es ist bedauerlich, dass diese einzig vernünftige Herangehensweise nun wieder vermehrt angegriffen wird.“ Der NABU-Landesvorsitzende spielt dabei unter anderem auf die Ablage eines Wolfskopfes vor dem NABU-Artenschutzzentrum Leiferde an, zu dessen Hintergründen die Ermittlungen noch laufen.


Doch auch Vorwürfe, der NABU würde sich am Wolf finanziell bereichern, nehmen mittlerweile überhand – sind aber klar von der Hand zu weisen: Der NABU bereichert sich weder an der Thematik Wolf, noch an anderen mitunter in anderen Bereichen kontrovers diskutierten Inhalten. Spendenerträge wie beispielsweise eine Wolfspatenschaft machen nur einen kleinen Teil der Gesamteinnahmen des NABU-Bundesverbandes aus – der NABU Niedersachsen ist an diesen Patenschaften zudem nicht beteiligt.

Dem NABU geht es ausschließlich um den Erhalt, Schutz und die Förderung der Biodiversität in Niedersachsen bzw. Deutschland. Der Wolf ist ein selbstverständlicher Teil davon und erfüllt als großer Beutegreifer eine wichtige Funktion im Ökosystem und dessen Wechselbeziehungen, da er häufig auch kranke und schwache Wildtiere frisst und somit den Bestand seiner Beutetiere „gesund“ hält.


Wolf ist Teil der Landschaft Niedersachsens / Nutztiere nur ein geringer Teil des Nahrungsspektrums


Die Hauptnahrung des Wolfes in Deutschland ist das Reh (50,9 Prozent), gefolgt von Wildschweinen (20,3 Prozent) und Rotwild (13,1 Prozent). Dies haben Untersuchungen des Senckenberg Museums für Naturkunde (Görlitz) an über 8.700 gesammelten Kotproben aus den Jahren 2001 bis 2019 ergeben. Zu einem kleinen Teil (10,4 Prozent) stehen auch Damhirsch, Muffelschaf, Hase und andere kleine und mittelgroße Säuger auf dem Speiseplan. Mit bis zu 1,6 Prozent der erbeuteten Biomasse sind Nutztierrisse die Ausnahme und spielen als Nahrung für das Überleben der Wölfe keine Rolle.


Der NABU fordert daher, die Zahlen mit Augenmaß zu betrachten und Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf diese Zahlen walten zu lassen. Selbstverständlich bedauert der NABU sämtliche Nutztierrisse und damit verbundene Auswirkungen auf bzw. Belastungen von Nutztierhalterinnen und ‑haltern. Auch aus diesem Grund fordert der NABU weiter konsequent eine adäquate fachliche sowie finanzielle Unterstützung der Nutz- und Wiedetierhaltungen in Sachen Herdenschutz.


Wildtiere queren wolfsabweisende Zäune


Auch zur Thematik der Wilddurchlässigkeit lässt sich klar festhalten, dass dauerhaft installierte wolfsabweisende Zäune nicht wilddicht sind und die Landschaft nicht zerschneiden. Im Zuge des NABU-Niedersachsen-Projektes „Herdenschutz Niedersachsen“ wurde eine Feldstudie durchgeführt:


Dabei wurden durch kameragestützte Beobachtungen von Weideflächen und Interviews mit Weidetierhaltenden ausführliche Erkenntnisse gesammelt. Es konnte festgehalten werden, dass wolfsabweisende Elektrofestzäune für kleine Säugetiere, Feldhasen und Rehe durchlässig sind. Wolf und Wildschwein queren diese Art von Zaun aber nicht. Wichtig ist zudem der korrekte Verbau sowie eine sorgfältige Instandhaltung und Pflege der Zaunsysteme: Ist der Zaun fachgerecht verbaut und korrekt gespannt, verfängt sich in der Regel kein Wildtier darin. Belegten Beobachtungen zufolge kriechen Kleintiere unter dem untersten elektrischen Leiter in 20 Zentimeter Höhe durch, während Rehwild zwischen den Drähten hindurch und Rotwild darüber springt. Wolfsabweisende Zäune sind ganz normale Weidezäune, die oft an die Stelle veralteter und maroder Stacheldrahtzäune treten.



Hintergrund: NABU-Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“

Wie Herdenschutzmaßnahmen funktionieren und Konflikte zwischen Wolf und Weidetierhaltungen entschärft werden können, zeigt der NABU mit seinem Projekt „Herdenschutz Niedersachsen“. Hier werden Weidetierhaltungen professionell unterstützt: Vor-Ort-Beratung, praktische Unterstützung beim Bau wolfsabweisender Zäune mit geschulten Ehrenamtlichen, wertvolle Netzwerkarbeit und Wissenstransfer mit dem Ziel der Erhaltung von Beweidung bei Wolfspräsenz. Das setzt die flächendeckende, fachgerechte Anwendung entsprechender Maßnahmen voraus. Das Projekt hat seit 2017 über 200 Weidetierhaltungen beraten und unterstützt, dabei wurden bisher mehr als 600 Hektar Weidefläche mit wolfsabweisenden Zäunen versehen, die meist alte, marode ersetzt haben – und das vom Nordseedeich bis zum Harz! Ein wichtiger Aspekt im Rahmen der langjährigen Aktivitäten ist der Erkenntnisgewinn bei der Umsetzung und Wirkung von Herdenschutzmaßnahmen. Im Jahr 2021 beteiligt sich das Niedersächsische Umweltministerium, die Deutsche Postcode Lotterie sowie der WWF Deutschland an der Finanzierung der Aktivitäten. Weitere Informationen unter www.herdenschutz-niedersachsen.de.


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