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OVG Lüneburg setzt 2G-Regel bei Sport im Freien außer Vollzug


Sportplatz, Laufbahn,
Foto: mm201 / stock.adobe.com



LÜNEBURG/HANNOVER. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat heute die 2G-Regel für die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel in Niedersachsen außer Vollzug gesetzt. Dem Gericht zufolge habe das Land mit der umfassenden Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, die Grenzen der rechtlich zulässigen Pauschalierung überschritten.


"Lehrstunde über sinnvolle und unsinnige Corona-Maßnahmen"


Insbesondere die Beschränkung von Individualsportarten wie Tennis oder Golf sei nicht verhältnismäßig. Die Landesregierung nimmt diese Entscheidung nach eigenen Angaben zur Kenntnis. Sie werde die Begründung "genau analysieren und die Möglichkeit der Einführung einer 2G-Regelung für den Mannschaftssport im Freien in die Beratungen zur anstehenden Verordnungsänderung einbeziehen."

Der innenpolitische Sprecher der niedersächsischen FDP-Landtagsfraktion, Marco Genthe, begrüßt die Entscheidung: „Wieder einmal musste ein Gericht der Landesregierung eine Lehrstunde über sinnvolle und unsinnige Corona-Maßnahmen erteilen. Dass zwei Tennisspieler mit großem Abstand ebenso wenig Risiko haben, sich anzustecken, wie Golfer unter freiem Himmel, hätte auch schon bei Einführung dieser Regel klar sein müssen. Der Sport ist seit Beginn der Pandemie massiv beschränkt worden. Hier wäre besonderes Fingerspitzengefühl nötig, das die Landesregierung aber erneut nicht bewiesen hat. Auch für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und die Akzeptanz der Maßnahmen sind die mittlerweile zahlreichen gerichtlich gekippten Maßnahmen nicht förderlich.“ Das OVG erklärt, unzensiert und unkommentiert: Der 14. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom heutigen Tage (Az.: 14 MN 121/22) § 8b Abs. 5 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (im Folgenden: Corona-VO) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 14. Januar 2022 (eilverkündet unter www.niedersachsen.de/verkuendung), vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach Personen, die nicht über einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder über einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV verfügen, die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel untersagt ist (sog. 2-G-Regelung für die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel). Gegen diese Regelung hatte sich eine Antragstellerin, die in Niedersachsen lebt, hier Golfsport betreibt und nicht geimpft oder genesen ist, mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt und geltend gemacht, die Infektionsschutzmaßnahme sei nicht notwendig und auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar. Dem ist der 14. Senat im Wesentlichen gefolgt. Die umfassende Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, in der konkreten Ausgestaltung nach § 8b Abs. 5 Satz 1 Corona-VO erweise sich als unangemessen und daher als verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit der betroffenen Personen. Fraglos bestehe unter Berücksichtigung der vorherrschenden Omikron-Variante von SARS-CoV-2, der ganz erheblichen Zahl von Neuinfektionen und der damit bereits einhergehenden und absehbar zu erwartenden Belastung des öffentlichen Gesundheitssystems derzeit auch im Land Niedersachsen ein tatsächliches Infektionsgeschehen, das die Anordnung von Infektionsschutzmaßnahmen mit dem Ziel der Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte rechtfertige. Als angemessen könnten dabei grundsätzlich auch Beschränkungen des Zugangs zu Anlagen und Einrichtungen der Sportausübung auf Personen, die über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügten, angesehen werden. Der Antragsgegner weise insoweit auch zutreffend darauf hin, dass eine Norm wie die Niedersächsische Corona-Verordnung es nicht leisten könne und auch nicht leisten müsse, auf jede noch so spezifische Konstellation einzugehen, vielmehr sei eine Pauschalierung notwendig und auch geboten. Mit der umfassenden Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, habe der Antragsgegner aber die Grenzen der rechtlich zulässigen Pauschalierung überschritten. Bei der Sportausübung mit einer Vielzahl sich körperlich anstrengender Personen in geschlossenen Räumen bestehe regelmäßig ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko, das eine umfassende und einheitliche Zutrittsbeschränkung auf geimpfte und genesene Personen durchaus rechtfertige. Bei der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel sei ein derart signifikant erhöhtes Infektionsrisiko nicht in jedem Fall auszumachen. Ohne Zweifel bestehe es dort, wo Mannschaftssport in Sportarten betrieben wird, die die Einhaltung eines Abstandsgebots oder einer Maskenpflicht vernünftigerweise nicht erwarten lasse (bspw. Fußball, Basketball). Bei der Ausübung von Individualsport unter freiem Himmel (bspw. Leichtathletik, Tennis, Golf) sei ein erhöhtes Infektionsrisiko hingegen fernliegend. Soweit sich das Infektionsrisiko auf den Weg zur Sportanlage oder auf die Nutzung von Nebeneinrichtungen der Sportanlage in geschlossenen Räumen (bspw. Umkleiden, Duschen, Toiletten) beziehe, könne es durch ein Abstandsgebot und eine Pflicht zum Tragen einer Atemschutzmaske mindestens des Schutzniveaus FFP2 o.ä. und ggf. die Schließung der Nebeneinrichtungen in geschlossenen Räumen auf ein zu vernachlässigendes Maß reduziert werden. Der Ausschluss des verbleibenden minimalen Restrisikos einer Infektion in diesen Fällen und der damit nur äußerst geringe Beitrag der Infektionsschutzmaßnahme zur Erreichung der legitimen Ziele stehe für den Senat ersichtlich außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriff. Für den Senat bestehe auch kein Anhaltspunkt dafür, dass eine differenzierte Behandlung jedenfalls der beiden Fallgruppen (Mannschaftssport - Individualsport) in der Niedersächsischen Corona-Verordnung zu derart kleinteiligen Regelungen führe, dass die angeordneten Schutzmaßnahmen an Übersichtlichkeit einbüßen würden und sie nur noch schwer praktisch handhabbar wären. Hiergegen spreche schon, dass frühere Fassungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung diese Differenzierung geleistet hätten. Daneben verstoße die umfassende Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Ein sachlicher Grund dafür, dass auf Sportanlagen die Sportausübung durch nicht geimpfte oder genesene Personen vollständig untersagt werde, eine solche Sportausübung außerhalb von Sportanlagen im Rahmen der allgemeinen Kontaktbeschränkungen des § 7a Abs. 1 Corona-VO aber gestattet bleibe, sei nicht auszumachen. Vielmehr erscheine die Reglementierung und Überwachung von Kontakten auf einer Sportanlage eher besser gewährleistet als außerhalb von Sportanlagen. Schwerwiegende öffentliche Interessen, die einer vorläufigen Außervollzugsetzung der danach voraussichtlich rechtswidrigen Regelung entgegenstünden, seien nicht gegeben. Die Maßnahme sei kein wesentlicher Baustein in der Strategie der Pandemiebekämpfung des Antragsgegners. Dieser sei auch nicht gehindert, neue, sich auf das Angemessene beschränkende Maßnahmen anzuordnen. Bis dahin gelte - neben den von der Außervollzugsetzung nicht betroffenen Infektionsschutzmaßnahmen insbesondere in Satz 4 des § 8b Abs. 5 Corona-VO - auf Sportanlagen unter freiem Himmel für Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, die allgemeine Kontaktbeschränkung nach § 7a Abs. 1 Corona-VO. Die Außervollzugsetzung der sog. 2-G-Regelung für die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel wirkt nicht nur zugunsten der Antragstellerin in diesem Verfahren. Sie ist vielmehr in ganz Niedersachsen allgemeinverbindlich. Der Beschluss ist unanfechtbar.


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