JEVERSEN. In einigen Autos ist er bereits eingebaut, jetzt soll er auch in Lkws zum Standard gehören: ein aktiver Sicherheitsgurt, der den Fahrer bei Notbremsmanövern in Richtung Sitz zieht, anstatt wie bei einem herkömmlichen Rollgurt nur zu halten. Noch befindet sich der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen in der Testphase, hofft jedoch bald auf die Markteinführung. Und das ist nicht die einzige Innovation, die Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies bei seinem Besuch der ZF-Teststrecke in Jeversen am vergangenen Freitag präsentiert wurde.
"Wenn die Legislative mitspielt, sind wir 2026/2027 damit auf den Straßen."
Das Prunkstück der ZF-Entwickler ist der Safety-Truck mit Elektro-Trailer. "Das ist State of the Art in Richtung autonomes Fahren", schwärmt Henning Kutzner, Leiter der ZF-Teststrecke. Der E-Trailer soll zukünftig Benzin einsparen. Dank eines elektrisch angetriebenen Hybridgetriebesystems muss der Lkw nicht so schwer ziehen. Ab 30 km/h unterstützt der E-Trailer die Zugmaschine. "Wenn die Legislative mitspielt, sind wir 2026/2027 damit auf den Straßen", sagt Thomas Wolf.
Seit Juli wurden die GSR-Vorschriften (Allgemeine Sicherheitsvorschriften der EU) erweitert. Seitdem müssen neue Lkws vorne und hinten eine Warnung abgeben, sobald ein Objekt zu nah am Fahrzeug auftaucht – die Vorschriften gelten international. ZF geht das nicht weit genug. Der Safety-Truck des zweitgrößten deutschen Automobilzulieferers warnt nicht nur den Fahrer, sondern reagiert selbstständig. Auf der Teststrecke in Jeversen zeigte ZF zwei automatische Bremsszenarien: ein Stauende bei 80 km/h und ein Fußgänger, der beim Abbiegen übersehen wird. "Erst gibt es eine Warnstufe, dann die Aktivierungsstufe und als letztes dann die Vollbremsung", erklärt ZF-Innovationsmanager Thomas Wolf.
Spurhaltesystem und automatisches Bremsen
Zusätzlich ist der Safety-Truck mit einem Spurhaltesystem inklusive automatischem Spurwechsel ausgestattet – alles noch in der Testphase. "Außerdem haben wir eine Rückfahrkamera entwickelt, die Objekte erkennt und sich selbst reinigen kann", erzählt Thomas Wolf.
Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies zeigte sich beeindruckt von dem rund 100 Hektar großen Gelände. "Die Teststrecke ist ein Juwel, ein echtes Novum in der ZF-Welt", sagt Henning Kutzner. Auf einer vier Kilometer langen Strecke inklusive 300-Meter-Radius-Kurve fahren die Lkws, zusätzlich gibt es ein Testfeld für Ausweich- und Bremsmanöver. Dank verschiedener Straßenbeläge und einer Bewässerungsanlage auf der Straße kann das Fahren unter verschiedenen Bedingungen getestet werden. Und die Teststrecke wird immer weiter entwickelt.
Teststrecke wird um urbane Strecke erweitert
"Aktuell haben wir die zweite Ausbaustufe zu zwei Dritteln abgeschlossen", sagt Henning Kutzner. Dazu gehörten ein zweiter Pkw-Parkplatz, eine Parkfläche für die Trailer, eine Rückfahrbahn und ein zweites Gebäude, das im Februar 2025 Platz für rund 70 Mitarbeiter bietet. "Momentan sitzen wir etwas beengt", so Henning Kutzner und verneint damit eine Flut an Neueinstellungen.
In den nächsten fünf Jahren visiert ZF in Jeversen den Bau eines „urbanen Testfelds“ an. Mobile Gebäude, ein Kreisverkehr und eine Kreuzung sollen auf einer etwa halben Hektar großen Fläche das Fahren in der Stadt simulieren. "Das autonome Fahren muss auch hier getestet werden."
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