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Interview mit Felix Bernhard: „Wahrnehmen, was das Leben an Geschenken bietet...“


Seit Juni ist Felix Bernhard Geschäftsführer des Ev.-luth. Missionswerks in Niedersachsen. Foto: Susanne Zaulick

HERMANNSBURG. Felix Bernhard hat Volkswirtschaftslehre, BWL und Theaterregie studiert, bei verschiedenen deutschen Banken gearbeitet, war u.a. Projektreferent der Christoffel-Blindenmission und ist seit Juni diesen Jahres Geschäftsführer des Ev.-luth. Missionswerks in Niedersachsen. Der 48-Jährige ist überzeugter Christ. Obwohl er seit seinem 20. Lebensjahr aufgrund eines Motorradunfalls querschnittsgelähmt ist, hat er mehrere Pilgerreisen – allein und im Rollstuhl – unternommen und darüber Bücher geschrieben. Gleich der erste Titel „Dem eigenen Leben auf der Spur: Als Pilger auf dem Jakobsweg“ stand wochenlang auf der Spiegel-Bestseller-Liste. Seine Lebenserfahrungen gibt Bernhard auch als Redner oder - mit Humor gewürzt - als Comedian weiter. Ein Interview mit dem neu zugezogenen Hermannsburger:



Herr Bernhard, Sie waren Unternehmensberater und Investmentbanker, haben Bücher geschrieben, sind Coach, Redner und Comedian. Seit Juni sind Sie Geschäftsführer des Ev.-luth. Missionswerks in Niedersachsen. Was ist denn ihr Herzensberuf?


Bei meiner Master-Abschlusszeremonie an der Universität in North Carolina, USA, sagte unser Dekan „Sie werden in ihrem Leben mindestens fünf verschiedene Jobs machen, möglicherweise ist einer noch gar nicht erfunden.“ Gut, wir reden über das Jahr 1999 und wir waren berauscht von dem technologischen Fortschritt. Da ich jedoch ein sehr neugieriger Mensch bin, vertiefe ich mich gern in neue Fachthemen. Ich bin davon überzeugt, dass meine vorigen Tätigkeiten mich gut auf die aktuelle Position beim Ev.-luth. Missionswerk vorbereiten konnten, die ich mit ganzem Herzen auslebe.


Welchen Beruf würden Sie gern noch ausprobieren?


Wenn ich an meinen Dekan zurückdenke, würde ich antworten: Dieser Beruf müsste noch erfunden werden.


Was interessiert Sie an der Arbeit im ELM, was hat Sie motiviert, hier anzufangen?


Die Themenvielfalt hier im ELM fasziniert mich. Wir arbeiten mit 18 Partnerkirchen auf vier Kontinenten zusammen, unterstützen deren religiöse, soziale und ökologische Projekte finanziell und stehen mit ihnen in regelmäßigem inhaltlichen Austausch. Auf der anderen Seite stehen hier in Hermannsburg Themen wie Corporate Governance oder auch ein Gesundheitsmanagement für die Mitarbeitenden auf der Agenda. In der jetzigen Position bin ich oft Schnittstelle oder Sparring-Partner und darf meine Sicht kommunizieren. Dabei entstehen im Konsens mit den Kollegen die besten Ideen, die wir dann gemeinsam umsetzen.


Gibt es Dinge, die sie hier verändern möchten?


Aktuell sind die Zeiten wirklich herausfordernd, die Pandemie ist nicht vorüber, der Krieg in der Ukraine bringt uns gemeinschaftlich an unsere Grenzen und wir spüren einen Preisauftrieb in ungeahnter Höhe. In diesem Umfeld ist es wichtig, behutsam zu agieren, um die allgemeine Verunsicherung nicht auch im Arbeitskontext zu befeuern. Wir haben bereits Dinge angepasst, wie beispielsweise die Flexibilisierung der Arbeitszeit und eine ausgeglichene Haushaltsplanung. Weitere Dinge sind in Planung, wie das Schärfen unseres Alleinstellungsmerkmales, unseres Markenkerns, die Feinjustierung einer sogenannten „Good Corporate Governance“, also Prinzipien guter Unternehmensführung und das Herauskristallisieren einer zukunftsweisenden Vision. Das geschieht natürlich nicht im stillen Kämmerlein, sondern gemeinsam mit den Entscheidern hier im Haus.


Welche Rolle spielt der Glaube in Ihrem beruflichen und privaten Alltag und wie haben Sie zum christlichen Glauben gefunden?


Ich bin in einem christlichen Elternhaus groß geworden, daher war und ist der Glaube an Gott ein unverrückbares Element meiner DNA.


Zweifeln Sie manchmal?


Wäre ich ein Mensch, wenn ich nie zweifeln würde? Aber lassen Sie mich das mit Humor beantworten. Ich kenne einige Chirurgen und ich habe bei ihnen häufig folgende Haltung festgestellt: „manchmal falsch, nie im Zweifel“.


Unter den Vorträgen, die Sie als Redner anbieten ist einer mit dem Titel „Wir man ein glücklicher Mensch wird“. Ist das nicht ein falsches Versprechen? Bzw. müsste es nicht eher heißen: „Wie man lernt, mit Unglück umzugehen?“


Das sind zwei unterschiedliche Dinge: Auf den Jakobswegen habe ich festgestellt wie einfach es ist, glücklich zu sein. Im Augenblick zu sein, bedeutet als Pilger wahrzunehmen, was das Leben an Geschenken bietet. Gerade in der Extremadura bei 40 Grad Hitze und nach 30 Kilometern schmeckt Wasser – und wir reden über Leitungswasser – wie das beste Getränk auf dieser Welt.

Andersherum: Mit Unglück umzugehen gehört zum Glücklich sein dazu. Wie verhalte ich mich, wenn es mal nicht gut läuft oder ich einen sogenannten Schicksalsschlag erlebe. Das nennt man ja auch Resilienz oder auch Coping Strategien. Da bin ich sehr dankbar, dass mein Rollstuhl und das Leben damit hierfür ein guter Lehrmeister geworden ist. Deswegen heißt mein zweites Buch „Weglaufen ist nicht – Eine andere Perspektive aufs Leben“.


Sie haben bisher drei Bücher geschrieben. Warum ist es Ihnen wichtig, Ihre Erfahrungen anderen mitzuteilen?


Die Bücher sollen Mut machen, vielleicht ermuntern selbst aufzubrechen, die Komfortzone zu verlassen. Das Leben ist so reich und bunt, ein wahres Geschenk eben. Das wollte ich aus einer anderen Perspektive erzählen.


Sie selbst sind derzeit dabei, Hermannsburg und Umgebung zu entdecken. Wie ist ihr erster Eindruck?


Ich lebe sehr gern in Hermannsburg, genieße die gute Luft, die Stille und finde den Sternenhimmel hier wunderschön. Hermannsburg, die Heide und Niedersachsen sind ein schöner Flecken Erde. Fast jedes Wochenende erkunde ich neue Orte in der näheren und weiteren Umgebung. Dazu gehören Müden/Örtze, die blühende Heide am Lönsstein, Celle, Uelzen, der Heidschnuckenweg bei Lutterloh , aber auch Einbeck mit den Fargus Werken. Neben meinem Schreibtisch liegt das Buch „100 besondere Orte im Cellerland“, es gibt also noch viel zu entdecken.


Noch eine Frage an Sie als Rollstuhlfahrer in der Gemeinde Südheide: Wie barrierefrei ist Hermannsburg aus Ihrer Sicht?


Barrierefreiheit entsteht nach meinem Dafürhalten im Kopf, insofern kann ich sagen, dass ich hier bestens klarkomme.


Das müssen Sie vielleicht doch erklären. Wenn ein Geschäft nur über Treppen zugänglich ist, kann man sich die ja nicht wegdenken, oder?


Die Menschen hier sind überaus freundlich, wenn ich also nett um Hilfe frage, wird mir immer bestens geholfen. Dabei bin ich mir sogar sicher, dass selbst wenn ich nicht nett fragen würde, Menschen mir helfen würden, weil die Hilfsbereitschaft hier eben so stark ausgeprägt ist.


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