CELLE. Wenn man Stephanie Just und Peter Kraus so gegenüber sitzt, sieht man es ihnen nicht an. Und genau solche Aussagen sind das Problem. Beide leiden an Depressionen. "Depression wird oft verharmlost und ist immer noch schambehaftet. Es ist wichtig, dass die Erkrankung ernst genommen und frühzeitig erkannt wird", sagt Stephanie Just, die aus der Nähe von Bremen kommt. Zusammen mit der Mut-Tour fährt sie mit dem Rad von Bremen nach Berlin und macht auf die Erkrankung aufmerksam. Ein Halt auf ihrem Weg: das Freibad Westercelle.
12 Etappen in drei Monaten
Seit 12 Jahren gibt es das Projekt. Während das Motto jedes Jahr wechselt – dieses Jahr “Mut zur Selbsthilfe – Unterstützung sichtbar machen!” – ist das Ziel der Mut-Tour immer gleich: Unterwegs mit den Menschen in Kontakt kommen und aufklären. Drei Monate lang fahren 12 Etappen-Teams mit dem Rad quer durch Deutschland. Vier weitere Gruppen legen eine kurze Strecke zu Fuß oder auf dem Pferd zurück.
"Viele Menschen, die an Depressionen erkrankt sind, denken: Ich bin der einzige, der das hat. Das will ich ändern."
Peter Kraus ist praktisch ein Mann der ersten Stunde. Seit zehn Jahren ist er jedes Jahr dabei. "Viele Menschen, die an Depressionen erkrankt sind, denken: Ich bin der einzige, der das hat. Das will ich ändern", so Peter Kraus. Stephanie Just merkte 2016, dass etwas nicht stimmt. Sie zog sich von ihrem Job zurück, unternahm nur noch selten etwas mit Freunden. "Ich dachte, ich bin ein Alien." Ende 2016 folgte dann die Diagnose "Depressionen". Eine Erleichterung. Im Rückblick hätte sich Stephanie Just gewünscht die Krankheit schneller besser einordnen zu können. "In der Therapie bin ich extrem gewachsen. Jetzt möchte ich das was ich gelernt habe an andere weitergeben."
Auf Tandem-Rädern fahren die beiden zusammen mit Richard Henrichs, Nicola Schulte, Sunita Schwarz und Christine Schmitz die erste Tour von Bremen nach Berlin, wo sie am Freitagnachmittag ankommen werden. Dort nimmt dann die nächste Gruppe die Räder in Empfang. Und warum Tandems? Diese werden nicht nur besser wahrgenommen, sondern passen sprichwörtlich auch besser zur Thematik. Man gleicht sich als Team aus. Wenn einer mal weniger Kraft als der andere hat, wird man aufgefangen.
Das neueste Projekt der Mut-Tour: ein Atlas. Dort findet jeder, der an Depressionen leidet, Anlaufstellen, Kliniken und Psychologen – und das ganz anonym. Die Daten werden auf der Seite nicht gespeichert.