Brutales, zänkisches, faszinierendes Rot im Albert-König Museum
UNTERLÜSS. Grün für alles richtig und gut, rot für fehlerhaft und falsch – in der Schule ist Rot eher der Unsympath. Rot sehen wir im wahrsten Sinne des Wortes, wenn wir uns geschnitten oder wirklich schlimm verletzt haben. Kein Grund zur Freude auch im Straßenverkehr, wenn das runde rote Schild mit dem dezenten weißen Strich die Durchfahrt nicht erlaubt oder weiße Lettern auf rotem Grund uns zum Anhalten zwingen. Rotes Blut fließt, wenn Tiere hinter verschlossenen Türen geschlachtet werden, wir sehen es nicht, aber wir wissen es.
Leid, Schmerz und Verbot verbinden wir mit dieser der drei Grundfarben, und doch müssen es manchmal unbedingt rote Schuhe sein, die Frau auf Teufel komm raus haben will, während Mann nicht oft, aber gelegentlich, zur roten Krawatte oder Jeans greift.
Für letztere entschied sich am Sonntag Kurt Wilks, um in seiner Funktion als Ortsbürgermeister von Unterlüß und stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Südheide die neue Ausstellung im Albert-König-Museum zu eröffnen. Auch ohne Ansprache hielt Kirsten Lühmann als stellvertretende Landrätin alle Blicke auf sich – sie erschien in einem knallroten, tollen Kostüm (s. Foto) und trug so ganz ohne Worte zum Inhalt der Schau bei.
„Die Farbe Rot – Gefahr und Verheißung“, lädt ein zu betrachten und sich intensiv auseinanderzusetzen mit dieser „schweren und brutalen Farbe“, wie Franz Marc sie charakterisierte, „die von den anderen Farben bekämpft werden muß.“ „Wie zänkisch Rot sein kann, weiß ich erst jetzt“, sagt die Kunsthistorikerin und Kuratorin Dietrun Otten. Ein kleines Fleckchen kann ein ganzes Bild zerstören oder erst interessant machen, abzulesen beispielsweise an „Eva meets Lilith“ von Gesine Imhof, eine der insgesamt zehn - größtenteils überregionalen Künstler-, die sich dem Thema ganz unterschiedlich genähert haben.
Rot vereinigt alles, was unser Leben ausmacht, es deckt eine Bandbreite verschiedenster Empfindungen und Assoziationen ab – Liebe und Leidenschaft in reinster Form ebenso wie das Rotlichtmilieu, Gefahr und Warnung ebenso wie Anziehung und Attraktivität, Wärme ebenso wie Schaurigkeit.
Die auf Wunsch der Kuratorin ausschließlich gegenständlichen Werke bilden die Ambivalenz, Faszination, Symbolik dieser Farbe und gleichsam ihre Komplexität in der Anwendung in mannigfacher künstlerischer Ausprägung ab. Eva-Maria Stockmann schockiert mit „Desire“, Ilona Arndt lockt mit „Giannas“ Hundeblick, Ulrich Diezmann irritiert mit der „Serie Rot“, Dieter-Rammelmair, der das Plakatmotiv lieferte, gibt unheilvolle Rätsel auf, Alwin Gröschner warnt mit einem nicht mehr weißen Eisbären.
Dietrun Otten gestaltete bereits im Jahr 2017 eine Schau zur Farbe Blau, damals hatte sie zugesagt, sich auch dem Thema Rot zu widmen. Dieses hat sie nun auf großartige Weise eingelöst.
Mehrere Veranstaltungen, u.a. ein Fotowettbewerb, werden die überaus sehenswerte Ausstellung begleiten und separat angekündigt werden.
„Die Farbe Rot – Gefahr und Verheißung“ – Albert-König-Museum Unterlüß – 21. August bis 30. Oktober 2022
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