Zeitreise in Winsen: Flößer starten auf der Aller
- Audrey-Lynn Struck
- vor 1 Tag
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Aktualisiert: vor 8 Stunden

WINSEN. Sie stehen mit Wathose im Wasser, binden dicke Seile um Baumstämme oder balancieren über einen Holzbalken auf das Floß. Ein Trecker liefert Nachschub: Stamm für Stamm rollt Richtung Ufer. „Wir haben das Holz das letzte Mal eingelagert und schon für das andere Floß genutzt. Ich hätte es gerne nochmal in zwei Jahren genutzt, aber es ist schon etwas morsch“, sagt Dennis Duwe. Gemeinsam mit über 25 Helfern haben die "Winser Flößer" seit Freitag ein großes Floß gebaut, mit dem sie am Sonntag aufgebrochen sind. Am Zielort wird das Holz nun verkauft – genau wie früher. „Das ist ja eigentlich der Sinn der Flößerei“, sagt Dennis Duwe mit einem Schmunzeln.
„Bis zu 2000 Flöße pro Jahr sind in Spitzenzeiten gefahren. Viele der alten Häuser in Bremen wurden mit Holz aus Winsen gebaut.“
Der Holzverkauf war lange Zeit ein wichtiger Wirtschaftszweig in Winsen. „Das war bei uns über Jahrhunderte Tradition. Die Leute haben so ihre Kohle verdient“, erklärt Daniel Schorge, pädagogischer Mitarbeiter beim Museumshof Winsen. „Bis zu 2000 Flöße pro Jahr sind in Spitzenzeiten gefahren. Viele der alten Häuser in Bremen wurden mit Holz aus Winsen gebaut.“ Der Handel florierte – bis 1910 die Eisenbahn kam.
Pastor knüpfte an Tradition an
Doch 1997 lebte die Erinnerung an die Flößer wieder auf. Damals stieß der örtliche Pastor in alten Kirchenbüchern auf Hinweise, dass Flöße früher gesegnet wurden – und wollte selbst eines bauen und natürlich auch segnen. So fand sich eine Gruppe, die nicht nur ein Floß baute, sondern auch direkt fuhr. Die Winser Flößer waren geboren. Heute sind die Flößer Teil des Heimatvereins mit seinen rund 750 Mitglieder. Die Flößergruppe selbst zählt etwa 55 Mitglieder und baut alle zwei Jahre ein Floß, mit dem sie mehrere tagelang auf Reise gehen.
Erstmals zwei Frauen an Bord
Gestartet ist die Truppe am Sonntag – wie früher mit einem Gottesdienst. Dieses Jahr fahren auf dem rund 30 Meter langen und acht Meter breitem Floß auch erstmals zwei Frauen mit. „Früher haben wir gesagt: keine Frauen“, erinnert sich Helmut Helmers, der schon beim ersten Floß 1997 dabei war. „In der Kirche gab es damals praktisch nur Gruppen für Frauen, und die Floßer-Gruppe war dann nur für uns Männer.“
Ziel ist für die knapp 30 Floßer nun bis Ende der Woche Otersen, doch ob sie dort ankommen, entscheidet der Wasserstand. Möglich ist auch ein vorzeitiges Ende in Hardemstorf. Für Helmut Helmers kein Problem: „Wir hatten schon alles an Wetter: Wind, Regen, Sonne. Aber gekentert sind wir noch nie. Holz schwimmt immer.“














