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Nach Ukraine-Angriff - Niedersachsen will sich "auf alle Szenarien" vorbereiten

Foto: MasterSergeant / stock.adobe.com


KIEV/HANNOVER. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine bereitet sich das Land Niedersachsen nach eigenen Angaben auf verschiedenste Szenarien insbesondere angesichts einer möglichen Flüchtlingssituation und drohender Cyberattacken vor. Der Niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, sagt:

„Ich bin erschüttert und fassungslos angesichts der dramatischen Entwicklungen und der brutalen Angriffe der von dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlenen Streitkräfte auf die Ukraine. Es ist in Europa seit Jahrzehnten der erste Angriffskrieg eines Staates gegen einen anderen souveränen Staat. Ich denke in diesen dunklen Stunden an die Millionen unschuldiger Frauen, Männer und Kinder in der Ukraine. Es ist richtig, dass Deutschland, die EU und die demokratische Welt jetzt Seite an Seite steht und unmissverständliche Signale nach Moskau sendet. Wir haben uns bereits heute Morgen im Kreis der Landesinnenministerinnen und -minister mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser dazu ausgetauscht, was diese neue Situation für uns bedeutet und wie wir darauf reagieren müssen. Das Bundesinnenministerium ist auf alle denkbaren Szenarien vorbereitet. Innerhalb der IMK sind wir in unmittelbarem Kontakt, um uns kurzfristig eng abstimmen zu können. Wir bereiten uns in Niedersachsen auf eine neue Migrationssituation vor - durch Menschen, die aus der Ukraine vor dem Krieg flüchten. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat das direkt an die Ukraine grenzende Polen als vermutlich wichtigstes Fluchtziel genannt, daneben aber auch Italien, Frankreich und natürlich Deutschland. Im Bereich der Landesaufnahmebehörde stellen wir uns darauf ein, die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen und auch zu erweitern, um kurzfristig auf ansteigende Zugänge reagieren zu können. Vor diesem Hintergrund wurde ein Krisenstab eingerichtet. Ich habe unsere Behörden angesichts möglicher Cyberangriffe aus Russland angewiesen, sich auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten. Die Behörden der Landes- und auch Kommunalverwaltungen sind bereits vor Tagen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise auf besondere Schutzmaßnahmen vorbereitet und sensibilisiert worden. Die entscheidenden IT- betreibenden Stellen sind in einem hohen Bereitschafts- und Wachsamkeitsmodus, um etwaige Störungen der IT-Systeme frühzeitig zu erkennen und schnell dagegen vorzugehen. Auch die Kommunen und Betreiber kritischer Infrastrukturen sind aufgefordert, sich noch intensiver auf Cyberangriffe vorzubereiten.

Sollten Cyberangriffe gegen unsere Kraftwerke, Wasser- und Stromversorgungen und andere kritische Infrastrukturen Erfolg haben, könnte das unsere Grundversorgung beeinträchtigen. Darauf sind wir bestmöglichst vorbereitet, auch im Zusammenspiel mit zuständigen Bundesbehörden. Derzeit liegen allerdings noch keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Landesverwaltung akut im Fokus möglicher Cyberangriffe steht oder diese kurzfristig bevorstehen. Wir haben in den vergangenen Jahren massiv in die Sicherheit unserer Informationsund Kommunikationstechnik investiert. Sowohl technisch als auch organisatorisch sind wir gut vorbereitet auf Cyberangriffe.

In den vergangenen Tagen und insbesondere gestern Abend gab es in Niedersachsen zudem mehrere kleine Versammlungslagen, bei denen vor allem Deutschlands Unterstützung für die Ukraine thematisiert wurde. Wir gehen davon aus, dass es auch in den kommenden Tagen zu ähnlichen Versammlungen kommen wird. Natürlich haben wir insbesondere polizeilich auch im Blick, welche Personen oder Institutionen durch die aktuelle Situation in der Ukraine besonders gefährdet sein könnten.“ Ministerpräsident Stephan Weil unterrichtete heute den Landtag mit folgender Rede im Wortlaut, unzensiert und unkommentiert: Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

wir sind sicher alle einig darin: Nach den Ereignissen der letzten Nacht, nachdem, was wir stündlich aus der Ukraine hören, können wir hier nicht heute im wahrsten Sinne des Wortes zur Tagesordnung übergehen. Wie Frau Präsidentin eben ausgeführt hat, hat heute Nacht ein groß angelegter militärischer Angriff Russlands auf die Ukraine begonnen. Es wird berichtet vom Vorrücken von Landstreitkräften und es wird berichtet von Raketenangriffen auf Kiew und andere Städte in der Ukraine.

Es ist ein Krieg vor unserer eigenen Haustür. Kiew liegt gerade einmal etwa 1500 Kilometer von Hannover entfernt. Das ist nicht viel. Und wir alle sind tief betroffen. Und wir alle denken in diesen Stunden zu allererst an die Menschen, die die Opfer dieser Aggression sind an die Toten und Verletzten, an diejenigen, die derzeit trauern um Angehörige, an diejenigen, die Angst haben um das Leben ihrer Familien, um ihr eigenes Leben, um ihre Existenzgrundlage und um ihre Heimat. Dieses Mitgefühl, das müssen wir von Anfang an, glaube ich, sehr klar ausdrücken.

Es ist und bleibt eine Schande, was der derzeit in der Ukraine geschieht. Diese Aggression ist eine Schande! Da stimmen wir sicherlich alle überein. Und wir empfinden Abscheu und Wut gegenüber dieser Aggression. Täter und Opfer sind derzeit sehr klar zu benennen. Russland hat heute Nacht angegriffen. Russland hat heute das Völkerrecht offenkundig gebrochen. Russland, die russische Regierung und insbesondere der russische Präsident Putin sind verantwortlich für Tote und Verletzte, die derzeit genau in diesem Moment zu beklagen sind.

Und wenn der russische Präsident heute Nacht auf einen Genozid gegenüber Russen in der Ukraine hingewiesen hat, dann ist es das, was man offen auch so benennen muss: Es ist eine Lüge, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist eine Lüge. Und es ist eine immer wieder in der Geschichte zu beobachtende Erfahrung, dass Aggressoren sich nicht zu schade sind, auch noch den billigsten Vorwand zu verwenden, um ihre Aggression zu begründen.

Nein, es gibt keine Begründung für diesen Angriff auf die Ukraine. Es ist Imperialismus in seiner reinsten, es ist Imperialismus in seiner unverhülltesten und es ist Imperialismus in seiner widerwärtigsten Form, die wir in diesen Stunden erleben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und wir vermögen noch nicht abzusehen, welches die Auswirkungen über die Ukraine hinaus sein werden. Wir werden sicherlich eine sehr schwierige Phase der Weltpolitik in der nächsten Zeit erleben.

Vor diesem Hintergrund sind harte Reaktionen Deutschlands, der Europäischen Union und aller Verbündeten ausdrücklich richtig und notwendig und auch gar nicht zu vermeiden. Und ich sage das auch dann, wenn wir uns im Klaren darüber sein müssen, dass diese Reaktionen womöglich auch für uns selbst mit Belastungen verbunden sein werden. Das muss uns klar sein. Aber es geht um einen Bruch von Grundregeln des friedlichen Zusammenlebens zwischen Völkern. Auch Russland hat wie alle anderen europäischen Staaten, die „Unverbrüchligkeit“ von Grenzen völkerrechtlich verpflichtend anerkannt. Ein solcher offenkundiger Bruch dieser Vereinbarung stellt die Grundregeln unseres Zusammenlebens in Frage, gefährdet unsere eigene Sicherheit am Ende und ist nicht akzeptabel. Deswegen kann es in dieser Situation nur harte und klare Reaktionen geben. Wir werden sicherlich heute und in den nächsten Tagen die Entscheidung der Europäischen Union und der sonstigen Verbündeten abzuwarten haben, aber ich bin sicher, dass das Projekt Nord Stream 2 in dieser Hinsicht nur der Anfang gewesen ist.

Unabhängig davon müssen wir auch unsere eigenen Vorkehrungen für unsere Sicherheit weiter intensivieren – da geht es beispielsweise um die reale Befürchtung von Cyber-Attacken. Das Innenministerium und die Sicherheitsbehörden haben die Vorkehrungen erhöht und befinden sich auch in einem engen Austausch mit verschiedenen Akteuren sowohl im öffentlichen wie im privaten Sektor. Das ist ein Schwerpunkt dessen, was derzeit im Innenministerium geschieht. Zum anderen werden wir selbstverständlich auch Vorkehrungen dafür treffen, dass Menschen aus der Ukraine ihre Heimat verlassen müssen und Zuflucht suchen bei uns. Niedersachsen hat sich stets zu seinen humanitären Verpflichtungen bekannt und das wird auch ganz selbst verständlich in diesem Fall so sein, meine sehr verehrten Damen und Herren und ich gehe von Ihrer Zustimmung dafür aus. Innenminister Pistorius steht in einem sehr engen Austausch mit der Bundesinnenministerin und seinen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern. Es hat bereits heute Morgen eine erste Sitzung – virtuell selbstverständlich – stattgefunden.

Und dann gibt es einen dritten Bereich, der selbstverständlich beachtet werden muss, der der Energieversorgung. Die Analyse der letzten Tage hat – wie zu lesen gewesen ist – eher beruhigende Signale ergeben. Aber: Dass diese Situation sehr eng zu begleiten ist und ständig geschaut werden muss, wie die Situation ist, das versteht sich von selbst.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist die größte Bedrohung des Friedens, die wir alle miteinander zu unseren Lebzeiten in Europa erleben. Wir sind gut beraten, uns miteinander auf schwere Zeiten einzurichten. Aber wir müssen das in Kauf nehmen – die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Denn es geht auch um mehr. Und ich schließe mit einem Zitat von Willy Brandt, der gesagt hat: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“


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