BERGEN. Absolute Stille im Raum. Nur vom Schulhof her dringt der gedämpfte Pausengeräuschpegel durchs geschlossene Fenster. Dann erklingt Alis Stimme, nicht allzu laut, aber klar und deutlich: „Wir lernten, Mobbing ist verletzend – niemanden auszugrenzen – andere Menschen zu schätzen“, rappt der Viertklässler ins Mikrofon. „Bombastisch“, kommt die prompte Reaktion von dem Mann, der neben ihm sitzt. Rapper Spax streckt Ali anerkennend die Faust entgegen und der Junge boxt seine dagegen. Nach mehreren Anläufen, war diesmal alles perfekt: Rhythmus, Betonung, keine Nebengeräusche.
Eine Woche lang dreht sich an der Bergener Hinrich-Wolff-Grundschule alles darum, einen Schulsong „einzurappen“. Und dafür hat man sich prominente Unterstützung organisiert. „Ich habe Spax bei einer Schulleiterkonferenz erlebt, bei der er gerappt hat“, berichtet Schulleiterin Katja Tank. Da habe sie gewusst: „Das wollen wir“.
Bei der Arbeit mit den Kindern ist der Rapper, der seit über 20 Jahren Workshops gibt, in seinem Element. „Rap ist ja eine Kunstform, die sonst nicht im Unterricht vorkommt“, erklärt Spax. Und das, obwohl sie so viele Fächer vereine: Deutsch, Musik, Sozialtraining. Man komme beim Rappen ins Gespräch über Sprache, über das, was Wörter ausdrücken können oder sollen. Denn das Texten ist der erste Schritt.
Im zweiten geht es darum, den Text „einzurappen“, also rhythmisch und mit passender Betonung aufzunehmen. Im "Tonstudio" lernen die Kinder, ihre Ängste zu überwinden. „Wenn sie neben dem Rhythmus liegen, ist das meist Unsicherheit“, berichtet Spax, der eigentlich Rafael Szulc-Vollmann heißt. Wer sich dagegen auf seine Ohren und sein Gefühl verlässt, kann den Rhythmus auch mal kurz für eine Triole verlassen, um dann wieder hineinzufinden.
Auch wenn nicht alle SchülerInnen bei dieser intensiven Arbeit mitmachen können, ist der Schulsong am Ende ein Gemeinschaftswerk. „Alle drei vierten Klassen haben am Text gearbeitet“, berichtet Katja Tank. Sie haben Schlagwörter gesucht und Inhalte gesammelt. Je vier SchülerInnen aus jeder Klasse haben dann weiter am Text gebastelt.“ Das Thema des Songs hat der gesamte Schülerrat erarbeitet. Es sollte um Rassismus gehen, darum, dass niemand aufgrund seiner Hautfarbe oder Herkunft ausgegrenzt werden soll.
„Wir sind tolerant – verbunden wie ein großes Band – niemand steht am Rand“, heißt es im Song. Und offenbar wissen alle, was damit gemeint ist. „Jeder ist ein Mensch“, erklärt die neunjährige Cristiana. Und verdeutlicht: „Wegen verschiedener Augenfarben beleidigt man sich ja auch nicht. Das wär ja blöd.“ Verschiedene Hautfarben zu haben, ist an der Hinrich-Wolff-Schule real. Und Freundschaften unter Kindern verschiedener Hautfarben ebenso. Das wollen sie jetzt mit ihrem Song auch nach außen tragen. Der Schulsong soll auch die Eltern und die Menschen in Bergen erreichen, wünscht sich Schulleiterin Katja Tank, ebenso wie Steffi Fritzsche von der Projektstelle „Schule ohne Rassismus“, die die Projektwoche auch finanziell unterstützt. Im weiteren Verlauf der Woche stehen die musikalische Untermalung und die Filmaufnahmen an. Dann sind alle gespannt auf das Ergebnis, das als VIDEO veröffentlicht wird.
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