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„Entwicklungshilfe neu denken“ – Celler Till Wahnbaeck beim OLG


Dr. Till Wahnbaeck im Oberlandesgericht Fotos: Anke Schlicht

CELLE. #Entwicklungshilfe neu denken, Spenden umwandeln in soziale Investitionen, #Start-ups in #Afrika – was steckt hinter solchen Schlagworten? Dr. Till Wahnbaeck ist angetreten, diese Fragen zu beantworten. Für sich genommen schon interessant, aber der Auftritt birgt noch mehr Potential, denn er referiert nicht irgendwo, sondern an einem Ort seiner Kindheit. Und weil dieser für Kinder eigentlich nur Langeweile bereithält, sorgte Vater Wahnbaeck, der als Staatsanwalt im Oberlandesgericht arbeitete, mit Spielzeugautos in seinem Büro vor, wenn der kleine Till zu Besuch kam.


Mittlerweile ist dieser ausgeschwärmt in die Welt, hat sein Abitur nach der Schulzeit am Hermann Billung-Gymnasium in Italien abgelegt, studierte Geschichte, ging in die Wirtschaft, nahm eine Auszeit in Tansania und landete bei der Welthungerhilfe. „Ich war in meinem Feld angekommen“, berichtet er, „da wollte ich sein.“ Und doch war es nur eine Zwischenstation. Grundsätzlich hatte ihm die Wirtschaft als Tätigkeitsbereich zugesagt. „Ich habe deren Werkzeuge immer schon gut gefunden, aber sie sollten für etwas Besseres da sein als für den Shareholder Value“, sagt er. Dieser wahrscheinlich eher untypische Blickwinkel hat seinen Ursprung in einer Eigenschaft, die #Wahnbaeck in einem Nebensatz einfließen lässt: „Mein Herz schlug immer schon für die soziale Sache!“


WIRTSCHAFT UND SOZIALES ZUSAMMENBRINGEN

Seine Grundthese, die der Mitbegründer der gemeinnützigen Firma #impacc gGmbH an den Anfang seines Vortrags stellt, basiert auf der Sympathie für beides - Wirtschaft und Soziales: „Die Werkzeuge der Wirtschaft nutzen für den sozialen Wandel.“ Während seines Aufenthaltes in Tansania kam er in Kontakt mit den Auswirkungen des Aids-Virus. Ihn überraschte, dass die erkrankten Frauen, danach befragt, was ihnen am wichtigsten sei, nicht antworteten, wieder gesund werden zu wollen, sondern sagten: „Ich will meine Familie wieder ernähren können.“ Diese Erfahrung stand am Anfang seiner „Reise in die Entwicklungshilfe“. Wie kann man den Frauen helfen, ihre eigenen kleinen Unternehmen aufzubauen, fragte er sich. Es reifte die Überlegung, Dinge zusammen zu bringen, die üblicherweise nicht zusammen gedacht würden. „Zwischen der Wirtschaft und dem Sozialen klafft eine Lücke.“ Um diese ein wenig kleiner werden zu lassen, gründete der gebürtige Celler vor drei Jahren mit einem Kollegen die gemeinnützige impacc mit Sitz in Hamburg, die in den Regionen Afrikas mit extremer Armut, d.h. dort, wo Menschen von weniger als 2 Dollar am Tag leben müssen, agiert. Hilfsprojekte schieden als Option der Unterstützung aus. „Wenn das Geld zu Ende ist, endet auch das Projekt“, umreißt der Referent seine Erfahrung mit den Defiziten der Entwicklungshilfe, die mittlerweile Entwicklungszusammenarbeit heißt. „Das versteht doch keiner, ich nutze immer noch den früheren Begriff“, lässt er einfließen, während er die Idee hinter impacc erläutert. Diese nutzt Wahnbaecks Erkenntnis: „Der Unternehmergeist in Afrika ist um ein Vielfaches höher als hier.“


Die Menschen wollen etwas auf die Beine stellen, ihnen fehle jedoch das Geld und das Wissen. Und dieses liefert die gemeinnützige Firma, die die finanziellen Mittel aus Spenden generiert. Die Vorgabe, mit Spenden keine Investitionen zu tätigen, darf die impacc mit Genehmigung des Finanzamtes Hamburg umgehen. Es handele sich um eine soziale Form von Investment, mit denen die kleinen Betriebe gegründet werden können, Arbeitsplätze entstehen. „Der beste Weg aus der Armut ist ein Job“, betont der Vortragende und führt den Ansatz des Unternehmens weiter aus: „Wir werden Gesellschafter, profitieren wollen und dürfen wir nicht, aber eine Rendite streben wir an.“ Diese definiert sich aus den geschaffenen Jobs. Läuft alles gut, werden die Geschäftsanteile nach 10 Jahren verkauft. Vorrangig würden grüne Start-ups gefördert, deren Geschäftsidee garantiere, die Umweltverschmutzung nicht zu verschlimmern. Lokale Technologien für lokale Märkte, klimafreundlich und innovativ, sucht das impacc-Team, das mittlerweile aus 12 Frauen und Männern besteht, einige stammen aus Afrika und sind dort gut vernetzt. 407 Jobs konnten bereits geschaffen werden. Wahnbaeck nennt als Beispiele u.a. einen Betrieb in Kenia, der aus recyceltem Plastikmüll Ziegel produziert (s. Foto im Anhang, das die Gründerin Gjenge Makers zeigt), eine Firma, die in Ghana Kompost-Toiletten für Slum-Bewohner herstellt sowie einen kleinen Kiosk, der abgepackte Erdnussbutter verkauft, und so die wenigen Lebensmittel, die zu einseitiger Ernährung führen, ergänzt.


AUFBRUCH UND OPTIMISMUS IN AFRIKA

Hilfreich für die gemeinnützige Firma ist die Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die derzeit noch die Gehälter der Mitarbeitenden trägt. Manche Aussage des Afrika-Kenners überrascht, weil sie dem vorherrschenden Bild wenig entspricht: „Afrika ist nicht nur der Kontinent von Kriegen, Armut und Krisen, er steht auch für Aufbruch und Optimismus“, sagt er, verweist auf den vielfach anzutreffenden Unternehmergeist und merkt über sich persönlich an: „Wenn ich aus Afrika zurückkomme, kehre ich mit mehr Energie heim.“

Dr. Till Wahnbaeck hat viel zu berichten, das Prinzip hinter der impacc und die Vorgeschichte mussten erläutert werden. Und doch hat er sich kurz gefasst, um Fragen, „gerne auch kritisch“, zuzulassen. Von dieser Gelegenheit wird reichlich Gebrauch gemacht, nicht ohne Anerkennung und Zustimmung vorwegzuschicken.


Die Präsidentin des Oberlandesgerichtes Stefanie Otte hatte mit dem Inhalt ihres Dankes an den Referenten einen Grund für den sehr intensiven, langanhaltenden Applaus wohl in Worte gefasst: „Dieser Vortrag zeigt Auswege und macht Mut.“



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