Bilanz nach „Zeit für Grün(vernichtung)“
- Anke Schlicht
- 1. März 2022
- 2 Min. Lesezeit

CELLE. „Zeit für Grün“ – mit einer so betitelten Pressemitteilung meldete sich die Stadtsprecherin Claudia Krause gestern zu Wort, um den ersten Termin der informativen und stets gut besuchten Veranstaltungsreihe anzukündigen. Alles andere als beabsichtigt, aber mancher Celler Naturliebhaber könnte diese Überschrift an diesem Datum als zynisch empfinden und angesichts der gravierenden, radikalen Abholzungen der vergangenen Wochen abwandeln in „Zeit für Grün(vernichtung)“.
Der 28. Februar markiert den Tag, an dem erlaubte Baumfällungen enden, der Beginn liegt bereits im Oktober, wer die Kettensägen- und Harvester-Umtriebigkeit in jüngster Zeit wahrgenommen hat, könnte jedoch zu der Ansicht gelangen, allein der Februar bilde das genehmigte Zeitfenster. An allen Ecken und Enden des Stadtgebietes und auch an zentralen Punkten wie der Allerinsel hinterließen die Forstwerkzeuge ihre Spuren, muss sich mancher Anwohner oder Spaziergänge nun anfreunden mit kahler Fläche anstelle satten Grüns.
Platz für Bauvorhaben auf städtischem Grund bilden neben Straßensanierung (Fritzenwiese) oder Waldumwandlung (Klein Hehlen) das Hauptmotiv. Beispiele sind neben der Allerinsel das Gewerbegebiet „Auf der Grafft“, der Nordwall sowie die Steinfurt, die insofern eine Ausnahme bildet, als dass dort gerodet wurde, obwohl der Beschluss des Rates zur Genehmigung des Bebauungsplanes noch gar nicht vorliegt (CH berichtete).
„Vorbereitend für den Umbau des Park- und Schützenplatzes dieses Jahr werden 32 Bäume gefällt“, antwortet die Presseabteilung des Rathauses auf die Frage, weshalb die alten Eichen in der Hafenstraße neben dem Garnison-Museum gefällt worden seien, obwohl an gleicher Stelle auf dem Rahmenplan Allerinsel Bäume eingezeichnet sind. Geht es um Abholzung, darf ein Standardsatz der Rathauskommunikation nicht fehlen, und so folgt der Hinweis auf die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen unmittelbar: „Als Ausgleich für diese Fällungen werden im Bereich der Hafenstraße, des Parkplatzes und des Allerauenparks 83 neue Bäume gepflanzt. Um einen vollständigen Ausgleich für den Naturhaushalt zu erreichen, werden auf noch nicht weiter konkretisierten Flächen Aufforstungen, Waldumbau und die Anlage von Hecken und Feldgehölzen erfolgen.“
Eine Antwort auf diese Form von Rechtfertigung findet sich in den vorbereitenden Dokumenten zur neuen „Tiny Houses“-Siedlung an der Steinfurt/Blumlage. In der Abwägungstabelle sind die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und Behörden nachlesbar. Das Forstamt Fuhrberg schreibt zur damals nur geplanten, mittlerweile vollständig umgesetzten Waldrodung:
„Der Wert eines Jahrzehnte alten Waldes, der sich an Ort und Stelle langfristig entwickelt hat, ist mit einer Ersatzaufforstung aus jungen Bäumchen an anderer Stelle nie vollständig zu ersetzen. Notgedrungen werden Ersatzaufforstungen daher häufig auf etwas größerer Fläche durchgeführt, dennoch können sie ein gereiftes Ökosystem allenfalls erst nach Jahrzehnten ersetzen. Wegen dieser eingeschränkten Möglichkeiten, einen Waldverlust überhaupt zu ersetzen, hat der Walderhalt einen so hohen Stellenwert.“