CELLE. Auf seiner Sitzung am Mittwoch hat der Celler Stadtrat die Umsetzung des neuen, integrierten Klimaschutzkonzepts der Kommune bis zum Jahr 2045 beschlossen. „Das evaluierte Klimaschutzkonzept der Stadt Celle zeigt einen Weg auf, der die Bürgerinnen und Bürger als wichtigste Akteure im lokalen Klimaschutz nicht überfordert“, preist Celles Oberbürgermeister Jörg Nigge das Vorhaben. Die Handlungsfelder sind vielfältig - ob im Bereich der Geothermie und dem hierzu entstandenen Celler Netzwerk, der Solarenergie mit in Celle ansässigen Projektentwicklern, dem Einsparpotential in öffentlichen Gebäuden oder bei der Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität. Nigge: „Ein energieautarkes Celle könnte das Ziel im Jahr 2045 sein, das wir in den kommenden Jahrzehnten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gemeinsam verwirklichen.“
Auf dem Weg zur Klimaneutralität müsse man die Bürger mitnehmen, mahnte CDU-Ratsherr Joachim Ehlers auf der Stadtratssitzung. Das Thema hat in kriselnden Zeiten nicht für jeden Priorität. So wurde jetzt die Durchführung eines weiteren „Klimatages“ gestrichen – bei den bisher drei Veranstaltungen waren von Mal zu Mal immer weniger Besucher verzeichnet worden.
„Klimaschutz ist zu einem Reizwort geworden“
„Fakt ist, dass es große Widerstände gegen die Transformation gibt“, räumte Grünen-Fraktionschefin Johanna Thomsen in der Stadtratssitzung ein. „Klimaschutz ist zu einem Reizwort geworden“, habe ihr neulich Andreas Steege gesagt, Leiter der Firma Target und federführender Akteur bei der Fortschreibung des Celler Klimaschutzkonzeptes. Man müsse Oberbürgermeister Nigge aber zugute halten, dass er die Herausforderungen der Zeit wohl erkannt habe. „Es ist gut, dass wir dieses Klimaschutzkonzept haben werden“, bilanzierte Thomsen. „Gleichzeitig fragen wir uns, wie wir all die vorgeschlagenen Maßnahmen finanzieren sollen. Hier werden wir auf Fördermittel angewiesen sein.“ Und Thomsens Fraktionskollege Stephan Ohl ergänzte: „Der Maßnahmenkatalog ist Spitze – jetzt kommt es auf die Umsetzung an!“
Gegen das Programm stimmten die drei Stadtratsvertreter der AfD. Fraktionschef Anatoli Trenkenschu verwies auf die erdgeschichtlich üblichen Klimaschwankungen und erklärte, man befürchte durch das neue Klimaschutzkonzept ein weiteres Anwachsen von Bürokratie.
Stadt will Treibhausgasemissionen reduzieren
Seit 2012 existiert in Celle bereits ein integriertes Klimaschutzkonzept, mit dem sich die Stadt zum Ziel setzte, Treibhausgasemissionen sukzessive und strukturiert zu reduzieren und die Bevölkerung bestmöglich vor den negativen Folgen des Klimawandels zu schützen. Mit dem Beschluss „Klima in Not – Klimaschutz in der Stadt Celle stärken“ hatte sich die Kommune 2019 dazu bekannt, ihren Beitrag zu den nationalen Klimazielen zu leisten. 2020 beschloss der Stadtrat einen Klimaschutzaktionsplan, in dem festgelegt wurde, dass bei wichtigen Entscheidungen solche Lösungen bevorzugt werden sollen, die sich positiv auf den Klimaschutz auswirken.
Der 2012 eingerichtete städtische Klimaschutzfonds zur Unterstützung lokaler Projekte sei inzwischen mit über 2000 beantragten und erfolgreich umgesetzten Projekten eine feste Institution und ein deutliches Bekenntnis für das Klimaschutzengagement der lokalen Gesellschaft geworden, freut sich Oberbürgermeister Nigge. Mit dem Wärmepumpenquartier „Nördliche Lüneburger Heerstraße“ sei erstmalig in Niedersachen ein Bestandsquartier auf die potentielle Eignung zur Heizungsumstellung auf Wärmepumpen untersucht worden.
Kompetenzcenter als Vorbild-Projekt
Als weiteres Vorbild-Projekt gilt der 2021 fertiggestellte Neubau des Kompetenzcenters von Stadtwerken und Stadtentwässerung in der Allerstraße 10, direkt neben dem Celler Klärwerk. Der Wärmebedarf für das gut gedämmte Gebäude wird über einen Wärmetauscher im Abwasser in Kombination mit Wärmepumpen und speziellen energiesparenden Deckenstrahlplatten gedeckt. Den Strom für die Wärmepumpen liefert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Zur Eigenproduktion von grünem Strom wurden bereits 2015 die Photovoltaikanlagen auf der Park&Ride-Anlage am Bahnhof, auf der Paul-Klee-Schule sowie auf der Krippe in Groß Hehlen installiert und sukzessive weitere Anlagen aufgebaut. Einen kontinuierlichen Beitrag zur Eigenenergieerzeugung leistet darüber hinaus das Wasserkraftwerk Rathsmühle. Dessen Leistung reicht aus, um den jährlichen Stromverbrauch von knapp 600 Zweipersonen-Haushalten zu decken.
Weit bedeutender im Hinblick auf die Stromerzeugung ist inzwischen jedoch die Windkraft. In ertragreichen Jahren mache die Windkraft etwa 18 Prozent der Gesamterzeugung aus Erneuerbaren aus, heißt es aus dem Rathaus. Ähnlich viel sei in den vergangenen Jahren von Photovoltaik-Anlagen erzeugt und ins Netz eingespeist worden. Der Ausbau der Sonnenenergie-Nutzung hat im Stadtgebiet vor allem seit 2020 stark zugenommen.
Die privaten Haushalte sind nach Angaben der Stadtverwaltung mit 644 Gigawattstunden (GWh) für 42 Prozent des Energieverbrauchs im Stadtgebiet verantwortlich. Zwischen 2016 und 2021 seien im Schnitt etwa 56 GWh Strom von den erneuerbaren Energieanlagen in der Stadt erzeugt und ins Netz eingespeist worden. Damit hätten bilanziell bis zu 18 Prozent des Stromverbrauchs in der Stadt Celle gedeckt werden können. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2021 bilanziell etwa 41 Prozent des Stromverbrauchs durch lokale Erzeugung gedeckt – wir haben noch Luft nach oben.