
RAVENSBURG. "Woke-Wahnsinn" oder geboten? Der Ravensburger Verlag zieht nach einem im Internet geführten "Shitstorm" seine aktuellen Kinderbücher zurück. Sie schüren angeblich "kolonialistische und rassistische Vorurteile", nebst unerwünschter "kultureller Aneignung". Auch gegen die seit Anfang August zu sehende Kino-Version wird gewettert. Dabei hatte die "Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)" die Winnetou-Fortschreibung als "besonders wertvoll" eingestuft, Doch nach der Verbannung erntet der Verlag nun den nächsten Shitstorm.
Auf Anfrage von CELLEHEUTE erklärt der Verlag, unzensiert und unkommentiert: "Wir haben es sorgfältig abgewogen und entschieden, die Titel zum Film "Der junge Häuptling Winnetou" aus unserem Programm zu nehmen.
Wir vertreten in unserem Unternehmen und mit unseren Produkten seit langer Zeit Werte, an die wir glauben: unter anderem Gemeinsamkeit und Bildung, wozu auch Fairness und Offenheit gegenüber anderen Kulturen gehören, und dies wollen wir in unserem Programm ausgewogen darstellen. Der gesellschaftliche Diskurs um sensible Themen entwickelt sich stets weiter, und unsere verlegerische Position tut dies selbstverständlich auch.
Bei den genannten Winnetou-Titeln sind wir nach Abwägung verschiedener Argumente zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit, der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, hier ein romantisierendes BiId mit vielen Klischees gezeichnet wird. Auch wenn es sich um einen klassischen Erzählstoff handelt, der viele Menschen begeistert hat: Der Stoff ist weit entfernt von dem, wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging. Vor diesem Hintergrund wollen wir als Verlag keine verharmlosenden Klischees wiederholen und verbreiten, auch wenn wir den Grundgedanken der Freundschaft – wie bei Winnetou vorhanden – hoch schätzen."
"Eine bedauerliche und falsche Entscheidung"
Auf die Entscheidung des Verlags folgt in Gesellschaft und Politik der nächsten Shitstorm. So postete z.B. die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Karin Prien auf Twitter: "Eine bedauerliche und falsche Entscheidung, die Auslieferung des #Winnetou-Buches zu stoppen. 'Verletzte Gefühle' machen kontroverse Debatten, im Kontext Antidiskriminierung Kontextualisierung notwendig, nicht mehr und nicht weniger." Auch die Kommentare in unserem Facebook-Kanal haben einen eindeutigen Tenor: "Alle verrückt."
Der FilmFernsehFonds Bayern hatte die Produktion mit der Höchstsumme von 950.000 Euro unterstützt und zur Begründung geschrieben: "Der Abenteuerfilm 'Der junge Häuptling Winnetou' ist die Adaption des Musiktheaterstücks 'Kleiner Häuptling Winnetou': Während sich der 12-jährige Häuptlingssohn Winnetou selbst bereits als großer Krieger sieht, ist sein Vater Intschu-Tschuna der Meinung, sein Sohn müsse noch viel lernen. Als das Ausbleiben der Büffel das Indianervolk bedroht, ergreift Winnetou die Chance, sich seinem Vater gegenüber zu beweisen. Zusammen mit dem Waisenjungen Tom begibt er sich auf ein gefährliches Abenteuer, um das Volk der Apachen zu retten."
Ravensburger erklärte zusätzlich: "Es handelt sich bei den Titeln um reine Lizenzprodukte, also die Titel zum Film 'Der junge Häuptling Winnetou'. Wie bei Lizenztiteln üblich, haben wir die Inhalte vom Lizenzgeber übernommen, keine Inhalte dazu selbst entwickelt – außer bei den Lesebüchern das Drehbuch des Films vertextet, um es lesbar zu machen."
Übrigens nicht das erste Mal, das Winnetou-Bücher verbannt werden - in der DDR gab es das Mitte der 1950er Jahre auch.