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IHK-Konjunkturumfrage für Niedersachsen: Frostige Stimmung im Land

Menschen in einem Einkaufszentrum
Symbolbild: WIX

CELLE. Die Konjunkturindikatoren für Niedersachsen sind im dritten Quartal auf das Niveau früherer Krisenjahre abgesackt. Jetzt wackelt auch noch die wichtigste Säule der Wertschöpfung des Landes, die Automobilindustrie mit ihren Zulieferern. „Der Wirtschaft in Niedersachsen steht ein harter Winter bevor und die Aussichten für das kommende Jahr haben sich deutlich eingetrübt. Die Industrie hat offensichtliche Standortprobleme, die Exporte stagnieren und der Konsum bleibt weiter impulslos. Investitionen, die für eine erfolgreiche industrielle Transformation jetzt nötig wären, sind sogar rückläufig“, so Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen.


Der IHK-Konjunkturklimaindikator für das dritte Quartal fällt deutlich um neun auf 75 Punkte (Vorquartal: 84 Pkt.). Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern bei 1.800 Unternehmen. Nach der Stagnation im Sommer ist die Stimmung in der niedersächsischen Wirtschaft mittlerweile weiter eingebrochen, die konjunkturellen Umfragewerte sind im Herbst deutlich gefallen. Die wesentlichen Indikatoren liegen aktuell wieder auf dem Niveau der letzten Krisenjahre, die bisher nur in der Finanzkrise 2008, zu Beginn der CoronaPandemie 2020 und der Energiekrise 2022 erreicht wurden.


Im Unterschied zu vergangen Schwächephasen der Konjunktur sind jetzt aber sowohl die inländische Nachfrage als auch der Export betroffen. Die aktuelle Geschäftslage hat sich merklich abgeschwächt, 16 Prozent (Vorquartal: 17 %) der Unternehmen sehen die Lage als gut an, 51 Prozent (Vq. 56 %) sind zufrieden und 34 Prozent (Vq. 27 %) beurteilen ihre Lage als schlecht. Ähnlich haben sich die Erwartungen an die kommenden Monate verschlechtert: Nur noch 9 Prozent der Unternehmen (Vq. 10 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 50 Prozent (Vq. 58 %) erwarten gleichbleibende Geschäfte und 41 Prozent (Vq. 32 %) rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung. Hauptproblem bleibt aus Sicht der Unternehmen die unstete Wirtschaftspolitik in Bund und EU.


Mit der Wachstumsinitiative und dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz hat die Bundesregierung zwar ein erstes Zeichen gesetzt, allerdings reichen diese Schritte vorne und hinten nicht aus, um verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Hohe Energie- und Arbeitskosten und die betriebliche Steuerlast verstärken als zusätzliche Investitionsbremse zum Jahresende eine rückläufige Entwicklung bei den Investitions- und Personalplanungen. Die Geschäftsentwicklung der Industrie ist besorgniserregend. Die Auftragseingänge bleiben in der Tendenz schwach, der Auftragsbestand wird von jedem zweiten Unternehmen als zu klein beurteilt.


Im Kernbereich der niedersächsischen Industrie, der Kfz-Industrie mit ihren Zulieferern, herrscht Alarmstufe Rot. Zur schwachen Konjunktur im In- und Ausland kommen die strukturellen Probleme des Standortes Deutschland in Verbindung mit einer Transformation, die historisch einmalig ist. Klimaneutralität braucht in allen Branchen hohe Investitionen.


Die aktuelle Geschäftslage der Bauwirtschaft bleibt aufgrund des Auftragsbestands noch befriedigend.


Im Wohnungsbau ist die Lage trotz Zinssenkung der Europäischen Zentralbank schwierig. Die niedersächsische Politik hat hier mit der Novellierung der Bauordnung zumindest ein erstes ermutigendes Zeichen für preisgünstiges Bauen gesetzt. Der Tiefbau/Infrastrukturbau hat dagegen immer noch alle Hände voll zu tun.


Im Einzelhandel haben sich die Hoffnungen auf einen Aufschwung auf Basis der gestiegenen Einkommen bisher nicht erfüllt. Zu den Profiteuren einer wachsenden Kaufkraft durch Gehaltssteigerungen zählt neben dem Tourismus bisher nur der Lebensmitteleinzelhandel. Alle anderen größeren Handelsbereiche (Bekleidung, Unterhaltungselektronik, Baumärkte, Möbelhäuser) berichten von einer schwachen Entwicklung. Ob sich steigende Einkommen noch in diesem Jahr und im entscheidenden Weihnachtsgeschäft positiv auf Konsum und Einzelhandel auswirken, bleibt ungewiss. Der Großhandel meldet die schlechteste Geschäftslage seit Jahrzehnten. Der Inlandskonsum stock, das Geschäft mit der Industrie, inklusive Export, ist rückläufig und eine Besserung nicht in Sicht.


Die Geschäftslage des Verkehrsgewerbes hat sich abgeschwächt, die Erwartungen sind regelrecht eingebrochen. Trotz der schlechten Geschäfte bleibt der Fahrermangel aber das drängendste Problem der Branche. Die Unternehmen wünschen daher mehr Flexibilität durch weniger starre gesetzliche Vorgaben bei den Arbeitszeiten.


Das Gastgewerbe war mit dem dritten Quartal ebenfalls nicht zufrieden. Zwar stimmten die Übernachtungszahlen, gleichzeitig waren die Umsätze im Restaurationsbereich aber nicht ausreichend. Die Gäste haben auf Preissteigerungen teilweise mit Verzicht reagiert und diese Umsatzeinbußen gefährden in vielen Unternehmen eine ausreichende Ertragslage.


Gute Geschäfte melden dagegen Banken und Versicherungen. Bei den Kreditinstituten läuft das Kreditgeschäft sowohl mit Privat- als auch mit Geschäftskunden. Bei den Versicherungen werden die guten Geschäfte nur getrübt durch die Zunahme der Schadenfälle. Das dritte Quartal bedeutete für die Dienstleistungsunternehmen einen deutlichen Einschnitt.


Selbst der Medien/IT-Bereich, der lange Zeit quasi Tabellenführer war, meldet rückläufige Geschäfte und trübe Aussichten.


Dafür brummt das Geschäft bei Wirtschaftsprüfern und Steuerberaterinnen, bei denen wachsende staatliche Regulatorik tendenziell die Auftragslage verbessert. Ausblick „Deutschland ist Schlusslicht im internationalen Standortvergleich. Zu den ungelösten Strukturproblemen und der konjunkturellen Schwäche kommt jetzt die volle Wucht der notwendigen Transformation mit hohem Innovationsdruck für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Bürokratie, Genehmigungsverfahren, Steuern – alles ist reformbedürftig.


Alles, was jetzt Investitionen anreizt, muss auf die politische Agenda. Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung reicht nicht aus, um die Alarmstufe Rot für unsere Wirtschaft zu beenden“, so die Einschätzung der IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt.



Text: IHK

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