Gedenkveranstaltung „80 Jahre Kriegsende“ stößt auf großes Interesse
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- 9. Mai
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NIENHAGEN. Dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 8. Mai im Bundestag in Berlin eine bedeutende Rede halten würde, die den Bogen vom Ende des 2. Weltkrieges bis in die von vielen Krisen und Konflikten geprägten der Gegenwart spannt, war zu erwarten. Dass aus diesem Anlass 50 Menschen, auch aus Celle und Unterlüß, ins Nienhagener Rathaus kommen würden, war für die Initiatoren dieser Veranstaltung, Bürgermeister Jörg Makel und Pastor Uwe Schmidt-Seffers, dann doch eine Überraschung.
„Unsere Idee, an diesem Tag eine eher vom persönlichem Erleben des Kriegsendes und der Folgejahrzehnte geprägte Veranstaltung anzubieten, ist voll aufgegangen“, so Bürgermeister Jörg Makel – und Pastor Uwe Schmidt-Seffers pflichtet ihm bei: „Nach Ende der offiziellen Veranstaltung hat es noch viele rege Gespräche in kleineren Gruppen gegeben. Das zeigt doch, wie groß nach wie vor der Redebedarf ist.“
Den Anfang der vier Impulsbeiträgen an diesem Abend machte Irmgard Gadau, die von den Wirren der Flucht berichtete und hervorhob, wie lange sie und ihre Familie auf eine offizielle Mitteilung über das Schicksal ihres Vaters warten mussten. Erst 2011, nach der Öffnung der Archive in Russland, hatte die Familie endgültig Gewissheit darüber, dass ihr Vater im Mai in Russland als verschleppter Zivilist in einem Gefangenenlager gestorben sei. „Diese Jahre der Ungewissheit“, so Irmgard Gadau, „war eine schrecklich lange Zeit.“
Nachdem Bürgermeister Makel in seinem Beitrag unter anderem die Verpflichtung betont hatte, die Demokratie vor Angriffen rechtsradikaler Gruppierungen und Parteien zu schützen, führte Ulrike Wieckmann in das Thema „Transgenerationale Trauma-Vererbung“ ein. Auf dem Hintergrund eigener Familienerfahrungen – ihr Vater war Soldat im 2. Weltkrieg – und vielfacher Fortbildungen in diesem Bereich erläuterte Ulrike Wieckmann, wie unverarbeitete seelische Verletzungen auf unterschiedlichen Wegen bis hin zu psychischen Störungen in den Folgegenerationen wieder an die Oberfläche kommen könnten. Ein spannendes Thema, das offenbar für manche Zuhörer noch ganz unbekannt war.
Uwe Schmidt-Seffers unterstrich in seinem persönlichen Statement, dass die Bundesrepublik nach dem von Russland begonnen Krieg in der Ukraine und der beginnenden Abkehr der Vereinigten Staaten von Europa endlich „erwachsen“ werden müsse. „Feindesliebe im Sinne Jesu“, so der Pastor der evangelischen Laurentiusgemeinde, „kann auch bedeuten, dem anderen zu sagen: Versuche nicht, deine Hand gegen uns zu erheben, du wirst davon keinen Gewinn haben. Hüte dich!“ Und abschließend appellierte er ans Publikum: „Wir sollen realistisch sein und verstehen, dass wir im Inneren wie im Äußeren denen Widerstand leisten müssen, die zerstören wollen, was uns am Herzen liegt. Ein Frieden in Gerechtigkeit für alle Menschen.“
Nach der letzten Musik von Almut Höner zu Guntenhausen am Piano und Guido Jähnke am Saxophon und der Klarinette, die eine würdige musikalische Rahmung für diese Gedenkveranstaltung beisteuerten – es wurde aus dem Publikum sogar eine Zugabe gefordert -, eröffnete Bürgermeister Makel eine lebhafte und kritische Diskussionsrunde, die eigentlich eine Folgeveranstaltung nahelegen würde. Es scheint großer Redebedarf zu sein, weil die Generation der Täter und Opfer, das wurde an diesem Abend vielfach bestätigt, nicht reden konnten und wollten.
Text: Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Laurentius