
CELLE. Und wieder hallen wie vor einer Woche Hilferufe durch die abendliche Celler Altstadt. Sowohl die Montagsspaziergänge als auch die Versammlung des „Aktionsbündnisses Gelebte Demokratie“ sind in Auflösung begriffen, da ruft eine Frau am Robert-Meyer-Platz um Hilfe. Wie sich herausstellt ohne Grund: Die Polizei wollte ihre Identität feststellen, bat um den Ausweis, da sie als Teilnehmerin der „Spaziergänge“ der Anweisung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, nicht nachgekommen war. Sie wehrt sich, die Beamten halten sie fest. Wer unbeteiligt hinzukommt, könnte den Eindruck gewinnen, hier würde unverhältnismäßig vorgegangen.
Mehrfach hatte die Polizei die „Spaziergänger“ per Lautsprecheransage davon in Kenntnis gesetzt, dass die Veranstaltung als Versammlung eingestuft würde und dementsprechend Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen sei. Ein großer Teil der Teilnehmer hielt sich daran, einzelne Personen nicht. „Wenn Sie der Aufforderung nicht nachkommen, stellen wir die Identität fest und leiten ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein“, teilt die Polizei dem Zug mit rund 80 Teilnehmenden mit.
Im Vergleich zum vergangenen Montag bot sich eine deutlich ruhigere Szenerie. An der Ecke Markt/Stechbahn hatten sich Mitglieder des „Aktionsbündnisses Gelebte Demokratie“ eingefunden. Die Zahl war deutlich geringer als am Samstag bei der Auftaktveranstaltung, 40 bis 50 Menschen hörten den Reden von Daniel Beer (Grüne) und Silvia Duff (SPD, Eschede) zu. Auch die Polizei war mit etwa der Hälfte an Personal vor Ort als eine Woche zuvor.
„Wir lassen uns überraschen, ob ‚Spaziergänger‘ kommen und wo sie entlanggehen“, sagte Polizeisprecher Steffen Brümmer, denn anders als vom Aktionsbündnis lag von den Corona-Kritikern wieder keine Anmeldung ihrer Veranstaltung vor. Bereits während der ortsfesten kleinen Versammlung tauchte in der Zöllnerstraße ein größerer Pulk von Personen auf. Sie wurden per Lautsprecher auf die Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz hingewiesen.
Ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppen wurde weitestgehend verhindert. Die Celler Polizei, von Bereitschaftskräften unterstützt, lenkte den Zug der „Spaziergänger“ entsprechend. Einzelne Gruppen von bis zu 30 Teilnehmenden trennten sich jedoch und gingen direkt am Aktionsbündnis an der Stechbahn vorbei. Als "Antwort" drehte es Jan Böhmermanns "Licht aus - ein Nazi auf der Party" laut auf, bis auch das von der Polizei unterbunden wurde. Auch über Musikgeschmack lässt sich streiten.
Fotos: Peter Müller
Polizei-Einsatzbericht:
Am heutigen Montagabend fanden erneut Versammlungen mit Corona-Bezug in Stadt und Landkreis Celle statt, die von der Polizei Celle mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei begleitet wurden.
Um 18 Uhr versammelten sich ca. 50 Teilnehmer des Aktionsbündnisses gelebte Demokratie auf der Stechbahn, um hier eine stationäre Kundgebung unter dem Motto "Nachdenken statt Querdenken" mit Rede- und Musikbeiträgen abzuhalten. Die Versammlung verlief aus polizeilicher Sicht störungsfrei, die Beschränkungen wurden eingehalten und die Versammlung wurde gegen 19:15 Uhr beendet.
Gegen 18:30 Uhr nahmen ca. 80 Teilnehmer an einer nicht angezeigten Versammlung in der Celler Innenstadt, in Höhe Zöllnerstraße/ Markt, teil. Hier verzeichnet die Polizei eine abnehmende Tendenz über die letzten Wochen. Die Teilnehmer setzten sich über die Zöllnerstraße in Richtung Am Heiligen Kreuz in Bewegung. Die Polizei deklarierte die nicht angemeldete Versammlung als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes und beschränkte sie mit Auflagen. Diese wurden über Lautsprecherdurchsagen bekannt gegeben. Ein(e) Versammlungsleiter/-in wurde auch nach Aufforderung nicht benannt. Dagegen kam ein Großteil der Versammlungsteilnehmer/-innen den Aufforderungen der Polizei nach und trug, im Sinne der Beschränkungen, eine FFP-2 Maske. Diejenigen, die keine Maske trugen, wurden auf diese Pflicht hingewiesen. Der Aufzug setzte den Weg über die Mauerstraße und Poststraße in Richtung "Markt" fort. Teilweise lösten sich wieder Kleingruppen und gingen durch die Nebenstraßen. Um 19:30 Uhr wurde die Versammlung von der Polizei beendet. Der polizeilichen Aufforderung sich zu entfernen, kamen die meisten Personen, sofort nach.
Eine Versammlungsteilnehmerin trug keine Mund-Nasen-Bedeckung und wollte dieser Beschränkung, trotz polizeilicher Aufforderung, nicht nachkommen. Bei der anschließenden Feststellung der Personalien leistete diese gegenüber den eingesetzten Beamten Widerstand.
Insgesamt ahndete die Polizei 18 Ordnungswidrigkeiten nach dem Versammlungsgesetz und Infektionsschutzgesetz und leitete ein Strafverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ein.
Die ebenfalls nicht angemeldeten versammlungsrechtlichen Aktionen von Corona-Gegnern in Hermannsburg und Wietze mit ca. 30 bzw. 41 Teilnehmern verliefen friedlich und ohne Verstöße.